Schritt für Schritt für ein Ende der Gewalt
Unsere Gruppe "Kämpfer für den Frieden" ("Combatants for Peace") setzt sich aus ehemaligen Mitgliedern beider Konfliktseiten zusammen – Palästinenser und Israelis, die den Kreislauf der Gewalt bereits zur Genüge erfahren haben und nun auf friedliche Weise dagegen protestieren.
Jedes Mitglied unserer Gruppe war früher Soldat oder militanter Kämpfer, und jeder kann auf eine Vergangenheit voller Gewalt zurückblicken. Wir erzählen von dieser Vergangenheit, damit auch andere Menschen erkennen, dass es immer eine Möglichkeit gibt, der Gewalt abzuschwören und sich dem Frieden zuzuwenden. Außerdem zeigen unsere Erfahrungen sowohl den Palästinensern als auch den Israelis, wie der Konflikt von der jeweils anderen Seite wahrgenommen wird.
Unser gemeinsam veranstalteter Protestmarsch lehrte uns, dass es sogar inmitten eines Krieges möglich ist, über kulturelle und physische Grenzen hinweg zu schauen und zu erkennen, dass letztlich alle gleichermaßen betroffen sind. Wir alle sind Opfer dieses Konflikts - eines Konflikts, der von der Sprache der Gewalt geprägt ist.
Wende zu Dialog und Gewaltverzicht
Unser Protestmarsch sollte zeigen, dass ein Gespräch zwischen beiden Seiten möglich ist und dass es auf beiden Seiten Menschen gibt, die in Frieden mit den "anderen" leben wollen und den Weg der Gewaltlosigkeit wählen. Wir wollten durch unser Handeln den verbreiteten Glauben, die andere Seite sei uneinsichtig und unmenschlich, zerstreuen.
Vor etwa sieben Jahren haben wir die Initiative "Kämpfer für den Frieden" gegründet. Damals waren wir der Überzeugung, dass Gewalt nur weitere Gewalt herauf beschwört und dass die wahren Sieger diejenigen sind, die in die Zukunft blicken, anstatt Rache für Vergangenes zu üben.
Für den Protestmarsch am 17. November kamen rund 150 Israelis und Palästinenser zusammen. Auf Hebräisch und Arabisch forderten wir die Hamas und Israels Politiker auf, die Gewalt zu beenden. Gemeinsam appellierten wir an die israelische Regierung, die Ausweitung des Siedlungsbaus zu stoppen und in Verhandlungen mit der palästinensischen Autonomiebehörde zu treten. Von der Hamas forderten wir ein Ende des Raketenbeschusses auf Israel.
Die Botschaft, die wir mit der Aktion vermitteln wollten, war, dass Palästinenser den Raketenbeschuss der Hamas verurteilen und Israelis, die sich gegen die Bombardierung des Gaza-Streifens wenden.
Auf den Gesichtern derjenigen, die diesen Marsch beobachteten, konnte man das Erstaunen darüber ablesen, dass Israelis und Palästinenser gemeinsam mit ihren Fahnen gegen die Gewalt demonstrierten.
Ein erster Schritt in Richtung Frieden
Als unser Protestzug an einem Checkpoint auf israelische Soldaten stieß, konnte man sehen, dass sowohl die israelischen Soldaten, als auch die zuschauenden Palästinenser eine Konfrontation voraussahen. Einige Palästinenser flohen aus Angst vor einem gewalttätigen Zusammenstoß, ein durch jahrelange Erfahrungen gefestigtes Reaktionsmuster.
Wir gingen jedoch auf die Soldaten zu und zeigten ihnen, dass sie von uns keine Gewalt zu erwarten hatten. Sie ließen sich zunächst nicht beirren und reagierten zynisch auf unsere Bekundungen. Nach einiger Zeit entspannten sie sich jedoch und realisierten, dass wir auch wirklich meinten, was wir sagten.
Es besteht kein Zweifel daran, dass noch ein weiter Weg vor uns liegt, jedoch fehlt es uns weder an Kraft, noch an Hoffnung. Machthaber, die der Gewalt nicht entgegen stehen, stellen bis heute ein großes Hindernis für jegliche Verhandlungen dar. Und zweifelsohne sind wir einer Vielzahl feindlicher Stimmen ausgesetzt.
Doch nachdem nun eine Waffenruhe vereinbart werden konnte, müssen wir jede mögliche Anstrengung unternehmen, um unseren gemeinsamen Aufruf gegen militärische Gewalt und Besatzung zu verbreiten. Wir müssen den Menschen klar machen, dass eine Lösung nur erreicht werden kann, wenn beide Seiten Unabhängigkeit und Sicherheit erlangen. Der Friedensmarsch war in dieser Hinsicht gewiss nur ein Anfang, doch ein großartiger.
Yonathan Listik
© Commonground News Service 2012
Yonathan Listik ist Mitglied der Organisation "Kämpfer für den Frieden" und Philosophiestudent der Hebrew University in Jerusalem.
Übersetzt aus dem Englischen von Laura Overmeyer
Redaktion: Arian Fariborz/Qantara.de