"Wurzeln des Terrorismus bekämpfen"

Prinz Aga Khan ist Führer und geistiges Oberhaupt der ismailitisch-muslimischen Glaubensgemeinschaft. In Berlin hatten Journalisten Gelegenheit, mit Aga Khan ins Gespräch zu kommen. Hardy Graupner schildert seine Eindrücke.

Prinz Agha Khan bei der Deutschen Welle in Berlin
Prinz Agha Khan bei der Deutschen Welle in Berlin

​​Prinz Aga Khan, geistiges Oberhaupt von etwa 20 Millionen Ismailiten in 25 Ländern, nimmt sich Zeit, um mit Journalisten in Berlin über die Arbeit und Erfolge seines "Development Network" zu plaudern. Als einer der reichsten Menschen der Welt gründete er das Aga-Khan-Entwicklungsnetzwerk, das sich um regionale Wirtschaftsförderung in ärmlichen Gebieten kümmert.

Mit ruhiger, gleichmäßiger Stimme betont der Prinz, dass der Kampf gegen den internationalen Terrorismus nicht mit Waffen zu gewinnen sei. Für ihn sei es vielmehr maßgebend, die Wurzeln des Terrorismus zu bekämpfen. Er spricht von Inseln der Armut und Verzweiflung überall auf der Welt, die es zu beseitigen gilt.

Aga Khan lobt die Zusammenarbeit zwischen seinem Netzwerk und der Bundesregierung, die viele Jahre zurückreicht. Gemeinsam war man an einem Entwicklungsprojekt in Sansibar beteiligt. In den letzten Jahren wurden die bilateralen Kooperationen auf Pakistan, Tadschikistan und Afghanistan ausgeweitet.

Gegenwärtig sind beide Seiten am Azhar-Parkprojekt in Kairo beteiligt. Dort wird eine 30-Hektar große Müllhalde in einen Stadtpark transformiert, der den über 200.000 Bewohnern in den umliegenden Armenvierteln auch diverse wirtschaftliche Möglichkeiten bieten soll.

Kritisches zu Afghanistan

Mit Kommentaren zu den politischen Entwicklungen in Afghanistan geizt das spirituelle Oberhaupt der Ismaeliten nicht. Für viele in Berlin eine Überraschung. Aga Khan begrüßt ausdrücklich die andauernde Präsenz ausländischer Truppen innerhalb des ISAF-Kontingents:

"Ich denke nicht, dass irgendein Entwicklungsland dauerhafte Fortschritte erzielen kann, wenn die interne Sicherheit nicht gewährleistet ist. Sicherheit im Lande ist eine Voraussetzung für Fortschritt. Und solange diese Sicherheit nicht mit eigenen Kapazitäten erzielt werden kann, müssen externe Kräfte diese Rolle übernehmen. Ich wage im Falle von Afghanistan keine Prognose, wie lange ausländische Hilfe in diesem Bereich noch notwendig sein wird."

Aga Khan macht keinen Hehl daraus, wie kritisch er der Übergangsregierung in Kabul in punkto Bekämpfung des Drogen-Anbaus und Drogen-Handels gegenübersteht. Die Drogen-Situation sei mehr oder weniger völlig aus der Kontrolle geraten.

Gegenseitiges Verständnis notwendig

Auch zum interkulturellen Dialog zwischen Muslimen und Christen nimmt der Prinz Stellung. Ein wirklicher Dialog könne nur dann zustande kommen, wenn der Westen die lange und vielfältige Geschichte der islamischen Welt wahrnehme:

"Der Westen sollte sich schleunigst Gedanken machen über eine Neuausrichtung der Lehrpläne. Zurzeit ist es ja so, dass über eine Milliarde Muslime mit einer Geschichte von über 1400 Jahren de facto ausgeblendet werden. Wir müssen darüber nachdenken, was wir lehren, so dass künftige Generationen in einer globalisierten Welt miteinander zurechtkommen. Wir können uns Unwissenheit nicht länger leisten - uns gegenseitig zu ignorieren wäre viel zu gefährlich."

Aga Khan fügt hinzu, dass es keinen Sinn macht, nur in höheren Bildungseinrichtungen des Westens Wissen über Muslime zu vermitteln. Es gehe hierbei nicht um religiöse Indoktrinierung, sondern darum, einander besser zu verstehen und damit zukünftiges Konflikt-Potential einzudämmen.

Hardy Graupner

© DEUTSCHE WELLE/DW-WORLD.DE 2004

Aga Khan Development Network