Lexikon arabischer Autoren

Trotz ihres bedeutenden Stellenwerts in der Weltliteratur wird die arabische Gegenwartsliteratur im deutschsprachigen Raum meist wenig zur Kenntnis genommen. Das Lexikon könnte eine Lücke schließen.

Etwa 400 Autoren aus dem 19. und 20. Jahrhundert werden im Lexikon porträtiert. Foto: Larissa Bender
Etwa 400 Autoren aus dem 19. und 20. Jahrhundert werden im Lexikon porträtiert

​​Ghassan Kanafani fiel im Jahr 1972 einem israelischen Bombenanschlag in Beirut zum Opfer. Ein kurzer und lapidarer Satz, der bestimmt nicht erkennen lässt, dass er einem "Lexikon arabischer Autoren" entnommen ist. Kanafani aber ist ein - vielleicht extremes - Beispiel dafür, mit welchen Problemen Literaten der arabischen Welt des 19. und 20. Jahrhunderts konfrontiert waren und in welchem Umfeld sie arbeiteten.

Der palästinensische Schriftsteller wurde aus seiner Heimat vertrieben und landete wie so viele seiner Kollegen nach einigen Irrwegen in Beirut, wo er unter anderem Sprecher der "Volksfront zur Befreiung Palästinas" wurde. Eine Funktion, die ihm wohl eher die Ermordung brachte als seine schriftstellerische Tätigkeit, die jedoch gezeichnet und bestimmt war vom Schicksal der Palästinenser.

Exil-Literaten

Ein anderes Schicksal das von Rashid Hussain, einem anderen palästinensischen Dichter, der bis 1965 in Israel lebte, sich dort auch politisch engagierte, dann aber ins amerikanische Exil ging, um dort - unter anderem - hebräische Werke von Haim Bialik ins Arabische zu übersetzen.

Wieder ein anderes Schicksal das von Rafik Schami: Der in Syrien geborene Klosterschüler emigriert nach Deutschland und studiert Naturwissenschaften. Neben seiner Arbeit in der Industrie beginnt er zu schreiben und zu veröffentlichen. In deutscher Sprache - was ihm unter anderem den Chamisso-Preis einbringt und den Weg in die Bayerische Akademie der Künste öffnet.

Nicht allumfassend

Drei Einzelschicksale, grundverschieden und dennoch typisch für arabische Schriftsteller und Dichter der letzten zwei Jahrhunderte. Das im Heidelberger Palmyra Verlag veröffentlichte Lexikon bietet kurze Lebensbeschreibungen von rund 400 Autoren aus allen Teilen der arabischen Welt.

Der in Köln ansässige, aber aus dem Irak stammende Schriftsteller Khalid al-Maaly und die Islamwissenschaftlerin und Journalistin Mona Naggar - die Herausgeber des Lexikons - haben hier ein Nachschlagewerk vorgelegt, wie es dies bisher auf Deutsch nicht gab und wie man es auch in den meisten anderen Sprachen vermisst.

Ein solches Erstlingswerk - das räumen die beiden ein - hat den Nachteil, dass es notgedrungen nicht allumfassend sein kann. Aber das Lexikon ist nicht nur zum direkten Suchen nach einer bestimmten Person geeignet, sondern die einzelnen Beiträge laden ebenso ein zum Schmökern: Ein umfangreiches Register führt Autoren nach verschiedenen Ländern auf, aber so gezielt braucht man gar nicht vorzugehen.

Von zeitlosem Wert

Die Beiträge sind auch nicht nach einem bestimmten Muster erstellt: Sie stammen nicht nur von den beiden Herausgebern, sondern von verschiedenen Autoren. Darunter so kompetente wie die Tübinger Professorin für Arabistik und Islamkunde, Wiebke Walther, die nicht nur einen sachkundigen Überblick über die arabische Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts beigesteuert hat, sondern auch einen sehr informativen Beitrag über den ägyptischen Literatur-Nobelpreisträger von 1988, Naguib Mahfouz.

Das "Lexikon arabischer Autoren" ist von zeitlosem Wert für alle, die einen ersten Überblick bekommen wollen über eine Literatur, die trotz mancher Übersetzungen der breiten Öffentlichkeit im Westen immer noch fremd ist.

Peter Philipp

© DEUTSCHE WELLE/DW-WORLD.DE 2005

Cover Lexikon arabischer Autoren

​​Khalid Al-Maaly / Mona Naggar
Lexikon arabischer Autoren des 19. und 20. Jahrhunderts
330 Seiten
€ 24,90 (D), ISBN 3-930378-55-8

Qantara.de
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Palmyra-Verlag