Loyal und diskriminiert
Als er im Oktober 2000 bei den Marines anfing, hätte Mansoor Shams nicht im Traum daran gedacht, dass er eines Tages seine Liebe für sein Land beweisen müsste. Shams, ein praktizierender Muslim, kam mit sechs Jahren aus Pakistan in die USA. Er ging zum Militär, um sich ein selbstständiges Leben aufzubauen, aber auch, weil er eine Verpflichtung gegenüber seiner Wahlheimat, den USA, verspürte.
"In meinem Glauben muss man dem Land, in dem man lebt, treu sein", sagte er. "Dass Muslime nicht zu ihrem Land stehen würden - so wie das im Westen manchmal dargestellt wird - dieser Gedanke ist mir noch nie gekommen."
Aber ein Tag im September 2001 veränderte alles. Seit den Anschlägen vom 11. September stünden Muslime ständig unter Druck, ihren Patriotismus zu beweisen, sagt Shams - und das gelte selbst für die in Uniform.
Nach den Anschlägen vom 11. September schlug ihm immer mehr Misstrauen entgegen, erzählt Shams, der vier Jahre als Marine im Bundesstaat North Carolina stationiert war. Vorher habe es kaum jemanden gekümmert, dass er Muslim war, aber nach 9/11 habe man ihn mit anderen Augen angeschaut, so Shams. "Ich habe Islamfeindlichkeit am eigenen Leib erfahren", sagt er. "Und damals war es noch nicht so schlimm wie heute."
Wachsende Ablehnung
Derzeit facht der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump mit seiner anti-islamischen Rhetorik das Misstrauen weiter an. Der bisherige Höhepunkt kam Ende Juli, als sich Trump abfällig und beleidigend über den Auftritt von Khizr und Ghazala Khan beim Wahlparteitag der Demokraten äußerte. Der Sohn der Khans, ein Captain in der US-Armee, war 2004 bei einem Einsatz im Irak gestorben.
Sowohl Demokraten als auch Republikaner waren entsetzt über Trumps Verhalten. Und für amerikanische Muslime wie Shams war der Vorfall ein weiterer Beweis für die wachsende Ablehnung von Muslimen in der Gesellschaft. "Es wird nicht genug über die Opfer, die Muslime für die Vereinigten Staaten bringen, gesprochen", sagt Shams. Dazu gehöre auch die lange Geschichte von Muslimen im US-Militär.
Historischen Berichten zufolge spielten Muslime bereits während des Ersten Weltkrieges und davor eine wichtige Rolle innerhalb des US-amerikanischen Militärs. Aber seit dem 11. September tun sich Armee, Marine und Luftwaffe schwer damit, Muslime zu rekrutieren. Von den derzeit 2,2 Millionen aktiven Militärs und Reservisten bezeichnen sich nur 5.896 selbst als Muslime. Das ergaben Nachforschungen des amerikanischen Fernsehsenders ABC im Dezember 2015.
Dabei wären die Sprachkenntnisse und die kulturelle Kompetenz dieser Menschen für die US-Armee, die seit Langem im Nahen Osten aktiv ist, von großem Nutzen. Das sah man schließlich auch beim Militär ein. Unter dem "09 Lima"-Programm werden seit 2003 Übersetzer und Dolmetscher rekrutiert, deren Muttersprache zum Beispiel Arabisch, Paschtu oder Farsi ist.
Muslimische Militärangehörige müssen sich in den USA aber weiterhin gegen Verdächtigungen und Beschuldigungen wehren. 2009 erschoss Nidal Hasan, Psychologe bei der US-Armee, 13 Menschen und verletzte 30 weitere bei einem Amoklauf auf dem Militärstützpunkt Fort Hood in Texas. Viele Mitglieder der muslimischen Gemeinde in den USA fühlten sich unter Druck gesetzt, Hasans Tat öffentlich zu verurteilen.
Ein echter amerikanischer Held
Shams war beeindruckt, dass Khizr Khan, der Vater des gefallenen Soldaten, sich öffentlich vor dem ganzen Land gegen Trump ausgesprochen hat. Trumps Antwort, er habe schließlich auch Opfer gebracht, indem er Hotels gebaut und viele Leute beschäftigt habe, findet Shams abstoßend. Das könne man nicht mit dem Verlust eines Sohnes, der sein Leben für sein Land gegeben habe, vergleichen.
Andere Muslime in den USA sehen das ähnlich. Als Reaktion auf Trumps Aussage teilten sie Fotos von muslimischen Militärangehörigen in den sozialen Netzwerken. Ein muslimischer Nutzer twitterte ein Foto des verstorbenen Sohn der Khans mit den Worten "Hey Donald Trump, so sieht ein echter amerikanischer Held aus".
Um die Öffentlichkeit darüber zu informieren, wie es Muslimen in den USA geht, hat Shams die Webseite MuslimMarine.org eingerichtet. Er hofft, so ein positives Bild seiner Religion verbreiten zu können, das ganz anders ist als das, das Trump zeichnet.
"Amerika muss lernen, dass nicht jeder Mann mit brauner Haut oder schwarzem Haar ein Terrorist ist", sagt Shams. "Er könnte genauso gut auch ein Soldat sein, der sein Leben für dein Land riskiert."
Brandon Conradis
© Deutsche Welle 2016