Im Visier der Fundamentalisten
Wegen seiner sozialkritischen Bilder erhielt der aus Bangladesch stammende Fotojournalist G.M.B. Akash Todesdrohungen von islamischen Extremisten und musste schließlich aus seiner Heimat fliehen. Ein Porträt des weltbekannten Fotografen von Werner Nording
In ihrer Wohnung im Hamburger Schanzenviertel fühlen sich G.M.B. Akash und seine Frau sicher. Die "Stiftung für politisch Verfolgte", die vor 20 Jahren vom damaligen Hamburger Bürgermeister Klaus von Dohnanyi gegründet wurde, hatte sie in die Hansestadt eingeladen und ihnen dort Unterschlupf gewährt.
Akash musste wegen seines mutigen Eintretens für Demokratie, Freiheit und Menschenrechte in Bangladesh um sein Leben fürchten.
Über die Umstände spricht der Fotograf jedoch nur sehr ungern – und das hat einen wichtigen Grund. "Ich habe keine Probleme mit der Regierung, aber es gibt einige Leute in Bangladesch, die meine Arbeit nicht mögen", so Akash und fügt rasch hinzu: "Ich möchte darüber nicht sprechen, denn meine Eltern leben weiter in dem Land."
Koranschüler in Ketten
Die Leute, die seine Bilder nicht mögen, sind islamische Fundamentalisten, die Morddrohungen gegen ihn ausgestoßen haben. Die muslimischen Extremisten fühlten, dass die Koranschulen verunglimpft wurden, in denen das Foto gemacht wurde: Akash hatte herausgefunden, dass die mittelalterliche Fixierung von Kindern an Ketten in diesen Schulen keinen Einzelfall darstellt.
Dieses Bild hatte 2006 den dritten Preis beim "World Press Photo Award" gewonnen und wurde von Nachrichtenmagazinen weltweit abgedruckt. Heute erscheinen viele seiner Fotografien in internationalen Zeitschriften, wie The Economist, Time, Newsweek, Geo und El mundo. 2006 erhielt er für sein Fotobuch "First Light" den "American Graphic Design Award".
G.M.B. Akash arbeitet seit 1996 als Fotograf. Mit seinen Fotos zeigt er die Schattenseiten der bengalischen Gesellschaft auf – das schwierige Leben von Homosexuellen, Prostituierten, Drogenabhängigen und Kindersklaven, die in vielen Fabriken für Hungerlöhne arbeiten müssen.
Gesellschaftliche Außenseiter im Blick
"Meine Bilder zeigen die Menschen am Rand der Gesellschaft", berichtet Akash. "Das ist sicher nur ein kleiner Teil der Wirklichkeit in Bangladesch. Aber mich interessieren vor allem die Dinge, die man zum Positiven ändern muss. Ich zeige nicht die gesamte bengalische Gesellschaft, sondern nur den Ausschnitt, den ich sehe."
Vor allem die Kindersklaven haben es Akash angetan. In seiner Sammlung fällt das Foto eines Jungen in einer Näherei auf, der Boden voller bunter T-Shirts "Made in Bangladesh". Vor dem Kind steht eine Nähmaschine, neben ihm dessen Chef. Und der schwingt einen Holzknüppel, mit dem er auf den Jungen einschlagen will, weil dieser scheinbar langsam und arbeitsunwillig ist.
Es war Zufall, dass genau in diesem Moment Akash vorbeikam und mit seiner Kamera den Augenblick vor dem Schlag festhalten konnte. "Ich habe daraufhin den Chef gefragt, warum er auf den Jungen einschlägt. Er sei zu langsam, war die Antwort. Später habe ich ihm das Foto gezeigt und ihm gesagt, falls er das Kind noch einmal schlagen sollte, käme er ins Gefängnis. Er war fürchterlich erschrocken, versprach, seine Kinderarbeiter nie mehr zu schlagen."
Gegen Kinderarbeit
Noch besser wäre es, wenn die Kinderarbeit in Bangladesch verboten würde, doch so weit sei die bengalische Gesellschaft noch nicht, bedauert Akash. "Ich möchte den Kindern in den Fabriken wirklich helfen, ich möchte diese Bilder in jeder Stadt in Bangladesch zeigen und mit den Eltern und den Fabrikbesitzern über die Arbeitsbedingungen sprechen. Ich möchte die Bilder auch in den Schulen zeigen. Das kostet viel Geld und große Anstrengungen, aber ich glaube, dass man damit eine Menge verändern kann."
In Hamburg besuchen Akash und seine Frau derzeit einen Deutschkurs. Jeden Tag ist der Fotograf mit seiner Kamera unterwegs, er will den Menschen in seiner Heimat zeigen, wie das Leben in Deutschland ist. Er hat schon viele Eindrücke gesammelt.
Die Menschen hätten hier große Freiheiten, meint Akash, sie könnten alles sagen und veröffentlichen. "Doch oft sehe ich auch einsame Menschen, vor allem alte Menschen, die allein auf der Straße sind. Das ist bei uns anders – wenn unsere Angehörigen alt sind, kümmern wir uns um sie."
Bis Dezember 2007 können Akash und seine Frau als Gäste der "Stiftung für politisch Verfolgte" in Hamburg bleiben. Aber schon jetzt hat der Fotograf Heimweh und kann es kaum erwarten, nach Hause zurückzukehren – obgleich er dort noch immer großen Gefahren ausgesetzt sein wird.
Werner Nording
© DEUTSCHE WELLE 2007
Qantara.de
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www
- Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte
- Fotostrecke mit Bildern von Akash auf SPIEGEL ONLINE