Votum für Sicherheit und Stabilität

Die Herausforderer des amtierenden Präsidenten Yudhoyono haben die Popularität ihres Gegners offenbar weit unterschätzt und konnten wegen ihrer farblosen öffentlichen Auftritte und ihrer unklaren Parteiprogramme nicht überzeugen. Von Christina Schott

Bambang Yudhoyono; Foto: AP
Indonesiens amtierender Präsident Yudhoyono kam schon im ersten Wahlgang auf mehr als die erforderlichen 50% aller Stimmen. Er ließ seine Herausforderer Sukarnoputri und Kalla weit hinter sich.

​​"Lanjutkan!" – "mach weiter!"... jubelten die Massen dem amtierenden Präsidenten Susilo Bambang Yudhoyono in den vergangenen Wochen auf Wahlkampfveranstaltungen zu.

Und aller Voraussicht nach wird er weiter machen: Yudhoyono, kurz SBY genannt, hat den Hochrechnungen nach die Präsidentschaftswahl am 8. Juli bereits in der ersten Runde gewonnen. Dabei wurde noch einen Tag zuvor in verschiedenen Umfragen orakelt, dass keiner der drei Kandidaten mehr als 50 Prozent der Stimmen erhalten würde und so eine Stichwahl im September nötig sei.

Allerdings zeigten schon die ersten Auszählungen nach Schließung der Wahllokale, dass SBY und sein Vize-Kandidat Boediono rund 60 Prozent der Wähler für sich gewinnen konnten, während die ehemalige Präsidentin Megwati Soekarnoputri und ihr Vize-Kandidat Prabowo Subianto nur auf knapp 30 Prozent kamen.

Der amtierende Vize-Präsident Jusuf Kalla und sein Team-Partner Wiranto sind mit wenig mehr als zehn Prozent der Stimmen weit abgeschlagen. Da selbst die von den Herausforderern finanzierten Umfrageinstitute ähnliche Ergebnisse veröffentlichten, dürfte sich an den Zahlen nicht mehr viel ändern. Dennoch zweifelten sowohl Prabowo als auch Kalla die Hochrechnungen an und verwiesen auf die endgültige Auszählung der Stimmen. Diese wird jedoch noch bis Ende Juli dauern.

Fairer und friedlicher Wahlverlauf

Kaum ein Beobachter jedoch misstraut dem Sieg von Yudhoyono: Trotz zahlreicher organisatorischer Pannen und harscher Kritik der Verlierer verliefen die zweiten direkten Präsidentschaftswahlen in der drittgrößten Demokratie der Welt weitestgehend fair und friedlich.

Auch hatte die Demokratische Partei SBY's bereits die Parlamentswahlen im April als stärkste Fraktion gewonnen, während die bislang größten Parteien – die ehemalige Suharto-Partei Golkar mit ihrem Vorsitzenden Jusuf Kalla und die Oppositionspartei PDI-P mit der Vorsitzenden Megawati Soekarnoputri – starke Einbrüche hinnehmen mussten.

Megawati Sukarnoputri; Foto: dpa
Politisch chancenlos: Seit ihrem großen Sieg 1999 haben Megawati Sukarnoputri und ihre Demokratische Partei des Kampfes (PDIP) zunehmend an Popularität eingebüßt.

​​Die Herausforderer hatten die Popularität ihres Gegners offensichtlich dennoch weit unterschätzt. Megawati und Jusuf Kalla konnten dem amtierenden Präsidenten weder mit ihren blassen Auftritten in langweiligen Fernsehdebatten noch mit ihren unklaren Parteiprogrammen ein substantielles Wahlversprechen entgegensetzen.

Zwar wurde auch Yudhoyono von seinen Kritikern schon oft als zu unentschlossen und profillos bezeichnet. Doch obwohl er nicht all seine Wahlversprechen von 2004 in die Tat umsetzte, hat der ehemalige General einige entscheidende Erfolge vorzuweisen: Unter seiner Regierung wurde nicht nur das Friedensabkommen in der Bürgerkriegsprovinz Aceh geschlossen, sondern auch die Terrororganisation Jemaah Islamiyah zerschlagen, die für eine Serie von Bombenanschlägen in Jakarta und auf der Ferieninsel Bali verantwortlich war.

Auch verschärfte SBY den Kampf gegen die grassierende Korruption im Land und ging dabei selbst gegen hochgestellte Würdenträger und sogar gegen den Schwiegervater seines Sohnes vor. Nicht zuletzt stabilisierte sich unter seiner Führung die wirtschaftliche Lage, so dass Indonesien heute als eines von wenigen Ländern trotz weltweiter Finanzkrise mit einem Wirtschaftswachstum von mehr als vier Prozent rechnen kann.

Bedürfnis nach Sicherheit und Stabilität

Einige dieser Erfolge beanspruchten im Wahlkampf auch sein noch amtierender Vize-Präsident Jusuf Kalla für sich, doch konnte der erfolgreiche Unternehmer einen Großteil der Bevölkerung offensichtlich nicht von seinen politischen Fähigkeiten überzeugen. Diese entschied sich mit der Wiederwahl von Yudhoyono vor allem für Sicherheit und Stabilität – etwas, was das krisengeschüttelte Land dringend benötigt.

Auch bewies SBY mit der Wahl seines neuen Stellvertreters durchaus politisches Geschick.

Wahlbüro in Jakarta; Foto: AP
Indonesiens Bevölkerung entschied sich mit der Wiederwahl von Yudhoyono vor allem für Sicherheit und Stabilität – etwas, was das krisengeschüttelte Land dringend benötigt, schreibt Schott.

​​Zwar ging er mit den vier großen islamischen Parteien im Parlament eine Koalition ein, doch entschied er sich für den parteilosen Wirtschaftsexperten Boediono, der bereits unter Megawati als Finanzminister diente und zuletzt Chef der Indonesischen Zentralbank war.

Mit ihm holte sich der Präsident nicht nur einen der wenigen hohen Beamten an seine Seite, die bislang nicht in irgendeinen Korruptionsfall verwickelt waren, sondern entledigte sich auch zugleich anderer unangenehmer Mitbewerber wie etwa den Vorsitzenden der islamistischen Gerechtigkeits- und Wohlfahrtspartei (PKS), der sicherlich mehr Zugeständnisse an seine streng islamische Agenda gefordert hätten.

Megawati und Jusuf Kalla konnten die beiden ehemaligen Generäle Prabowo Subianto und Wiranto für sich gewinnen, die allerdings bisher eher durch Menschenrechtsverletzungen und Selbstbereicherung auffielen als durch politische Erfolge – eine Wahl, die offensichtlich auch in der Bevölkerung nich auf aureichend Gegenliebe stieß.

Da sie Yudhoyono weder in der Außen- noch in der Wirtschaftspolitik viel anhaben konnten, verlegten sich seine Gegner auf das Thema Islam. Während ein Mitglied von Kallas Golkar-Partei ein Pamphlet veröffentlichte, in dem er Boedionos Ehefrau fälschlicherweise als Katholikin bezeichnete, erschienen die Frauen von Kalla und Wiranto auf jeder Wahlkampfveranstaltung demonstrativ mit Kopftuch.

Wahlkampfthema Islam

Auf manchen Wahlplakaten waren die verschleierten Ehegattinen sogar größer dargestellt als die Kandidaten selbst. Sogar die sonst nie verschleierte Megawati zeigte sich immer häufiger mit Kopftuch. Doch auch diese Angriffe zeigten keine entscheidende Wirkung – nicht sehr überraschend, wussten Yudhoyono und Boediono doch die Führung der islamischen Parteien längst hinter sich.

Diese wiederum sind angewiesen auf die gemeinsame Regierungskoalition, wenn sie noch irgendeinen politischen Einfluss im Land mit der größten muslimischen Bevölkerung der Welt behalten wollen.

Der Stimmenverlust der islamischen Parteien war vielleicht eine der größten Überraschungen im diesjährigen Superwahljahr: Besetzten sie 2004 noch 38 Prozent der Parlamentssitze, erhielten die vier stärksten Islamparteien im April insgesamt nur knapp 25 Prozent der Stimmen. Vor allem die PKS hatte sich einen viel größeren Stimmenzuwachs ausgerechnet.

Dass viele Wähler sich eher für nationalistische als für islamische Parteien entschieden, bedeutet aber noch lange nicht, dass der Islam in der Politik Indonesiens keine Rolle mehr spielt. Vielmehr haben die großen nationalistischen Parteien inzwischen so viele islamische Themen in ihre Agenda aufgenommen, dass sich die muslimischen Wähler auch dort gut aufgehoben fühlen.

So hat SBY seinen künftigen Koalitionspartnern im Vorfeld des Wahlkampfs zahlreiche Zugeständnisse gemacht – unter anderem verabschiedete er ein heftig umstrittenes Anti-Pornographiegesetz, das von den islamischen Parteien seit Jahren gefordert wurde. Welche weiteren Wahlgeschenke der alte und neue Präsident seinen Partnern versprochen haben könnte, ist noch nicht klar.

Die zunehmende Profillosigkeit der nationalistischen Parteien könnte in fünf Jahren den islamischen Parteien eine neue Chance bieten. SBY darf nach zwei Amtsperioden 2014 nicht noch einmal kandidieren. Seine Demokratische Partei stützt sich bislang allerdings ausschließlich auf seine Popularität und müsste bis dahin eine komplette Umstrukturierung durchlaufen, will sie weiterhin an der Regierung bleiben.

Golkar und PDI-P haben voraussichtlich nur dann eine Zukunft, wenn sie ihre gesamte Führungsriege austauschen. Wenn die islamischen Parteien ihr Potential richtig einsetzen – vor allem ihr soziales Engagement und enge Volksverbundenheit– könnten sie aus einer Nachfolgekrise nach der SBY-Ära durchaus als der nächste Sieger hervorgehen.

Christina Schott

© Qantara.de 2009

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