"Ausgerechnet Ramallah?!" – Studieren in Palästina
Hanna studiert Arabisch an der Bir Zeit-Universität bei Ramallah im Westjordanland. Warum in diesen unruhigen Zeiten ausgerechnet Ramallah? Warum ausgerechnet Bir Zeit?
Diesen Fragen musste sich die Theologie- und Arabistik-Studentin aus Berlin zu Hause in Deutschland immer wieder stellen, als sie sich auf ihr Studienjahr in den palästinensischen Gebieten vorbereitete. "Meine Arabistik-Professorin meinte, das sei doch gar keine richtige Uni, als ich ihr sagte, ich möchte gerne in Bir Zeit studieren. Allerdings hätte sie für Palästina den besten Ruf", erzählt Hanna.
Spießrutenlauf zur Uni
Selbst der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD), der ihr ein Stipendium gewährte, versuchte sie in letzter Minute davon zu überzeugen, lieber in einem der arabischen Nachbarländer zu studieren - in Jordanien oder in Syrien.
Denn nach wie vor ist der Weg für Studenten und Professoren zur Uni wegen der häufigen israelischen Abriegelung ein Spießrutenlauf. 2002 blieb der Uni-Campus sogar zeitweilig ganz leer.
Doch Hanna hat sich für Ramallah entschieden. Ihr gefällt es hier in dieser quirligen Stadt. Gern sitzt sie in ihrer Freizeit in einem der Cafés von Ramallah, lässt sich von arabischer Popmusik berieseln und trinkt den vorzüglichen Kaffee, der hier angeboten wird.
Ein anderes Hochschul-Klima
Doch wie unterscheidet sich die Bir Zeit-Universität von Hochschulen in Deutschland? Hanna meint: "Das erste was mir aufgefallen ist als ich hinkam war, dass die Leute sehr sehr jung sind, dass im Prinzip die meisten Studenten 19 bis 20 Jahre alt sind, also sofort nach der Schule mit dem Studium anfangen. Ansonsten ist es sehr familiär, gerade wegen der nur 4.000 Studenten, es ist ja ein kleiner Campus. Es liegt auch alles dicht zusammen. Aus Berlin kenne ich, dass ich hin und her fahre zwischen den einzelnen Fakultäten. Ich kenne die Leute auch eigentlich nicht so wirklich und das ist hier schon anders", so Hanna.
Außerdem sei die Bir Zeit-Universität sehr politisch. Bei der letzten Wahl zum Studenten-Parlament habe die radikal-islamische Hamas gewonnen, die überall in den palästinensischen Gebieten auf dem Vormarsch sei. Auf das Leben an der Uni habe dies jedoch kaum einen Einfluss, meint die deutsche Studentin.
Bekommt man als Ausländerin überhaupt etwas mit von dem blutigen Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern? Hanna glaubt das in jedem Fall: "Man merkt es an den Mitmenschen, man merkt immer mehr, wie sie hoffnungsloser werden, deprimierter. Sie sind nicht mehr dazu zu bewegen, irgendwas zu tun. Und sie sagen, es habe ja doch alles keinen Zweck. Es gibt keine Chance für einen Frieden", berichtet Hanna.
Bettina Marx
© DEUTSCHE WELLE/ DW-WORLD.DE 2004
Informationen über das Studienangebot und die Fakultäten der Bir Zeit-Universität finden Sie hier