Hoffnungen für einen demokratischen Aufbruch

Wenn Mauretaniens Wähler Ende Juni per Referendum über eine neue Verfassung abstimmen, soll damit ein demokratischer Wandel eingeläutet werden, der eine Vorbildfunktion für Afrika haben könnte. Von Hassan Znined

Wenn Mauretaniens Wähler Ende Juni per Referendum über eine neue Verfassung abstimmen, soll damit ein demokratischer Wandel eingeläutet werden, der eine Vorbildfunktion für ganz Afrika haben könnte. Von Hassan Znined

Anti-Aufstandseinheiten der mauretanischen Polizei vor Demonstranten in der Hauptstadt Nouakchott; Foto: AP
Steuert Mauretanien nach dem Militärputsch mit dem neuen Verfassungsreferendum demokratisch stabileren Zeiten entgegen?

​​Mit dem Verfassungsreferendum sollen die Weichen für eine demokratische Entwicklung in Mauretanien neu gestellt werden – für ein Land im Nordwesten Afrikas, das vor allem durch politische und wirtschaftliche Instabilität geprägt ist.

Vor fast einem Jahr, am 3. August 2005, war der Staatspräsident Maaouya Ould Sid' Ahmed Taya - selbst 1984 durch einen Putsch an die Macht gekommen - wiederum durch einen Putsch abgesetzt worden.

Der Chef der Putschisten, Colonel Ely Ould Mohammed Vall, hatte vor knapp einem Jahr versprochen, innerhalb von zwei Jahren die politische Macht an Zivilisten zurückzugeben. Die Reform der Verfassung ist eine Etappe, die der Organisation von freien und demokratischen Wahlen vorangeht, hoffen Beobachter.

Fortschritte trotz bleibender Lücken im System

Dabei handelt es sich nicht um eine vollkommen neue Verfassung, sondern eine Reform der bereits bestehenden, über die die Menschen in Mauretanien abstimmen werden. Die wichtigsten Veränderungen betreffen die Dauer der Präsidentschaft, die auf zwei Mal fünf Jahre beschränkt werden soll.

Der Präsident soll zudem zukünftig höchstens 75 Jahre alt sein. Eine Klausel würde es ihm untersagen, die Artikel bezüglich der Modalitäten eines demokratischen Wechsels zu ändern.

Die Mehrheit der knapp 30 Parteien in Mauretanien befürwortet die Verfassungsreform. Trotzdem befürchten Kritiker, die Reform werde nicht alle Lücken und Unzulänglichkeiten im politischen System schließen können.

Auflösung politischer Machtkonzentration

Ob die Machtkonzentration in den Händen des Präsidenten tatsächlich aufgelöst werden kann, stellt Messaoud Ould Boulkheir, der Präsident der linken Oppositionspartei "Fortschrittliche Volksallianz", in Frage.

Die "Fortschrittliche Volksallianz" hat zwar dazu aufgerufen, für die neue Verfassung zu stimmen, aber man habe ernsthafte Bedenken, sagt Messaoud Ould Boulkheir: "Alles zu akzeptieren würde bedeuten, dass wir annehmen, eine Reduzierung der Dauer der Präsidentschaft reiche aus, um die Demokratie zu etablieren", so Boulkheir.

Eine weitere Neuerung ist vor dem Hintergrund der vielen Staatsstreiche zu sehen, die Mauretanien erlebt hat. Die Militärjunta und die provisorische Regierung haben sich vor dem mauretanischen Volk und der internationalen Gemeinschaft dazu verpflichtet, nicht zu intrigieren, um politische Posten zu erlangen.

Außerdem dürften sie weder bei den nächsten Wahlen im kommenden November, noch bei den Präsidentschaftswahlen im März 2007 kandidieren.

Minderheitenfrage und Sklaverei

Ein weiterer Punkt, der Kritik hervorruft, ist die Frage der Minderheitenrechte. Drei Viertel der muslimischen Bevölkerung sind arabisch-berberisch, - oder auch Mauren genannt – der Rest gehört schwarz-afrikanischen Ethnien an. In der Vergangenheit kam es immer wieder zu gewaltsamen Spannungen zwischen der maurischen Mehrheit und den Minderheiten.

Die Minderheitenfrage spiegelt sich auch in den Sprachen des Landes wider: Die offizielle Landessprache ist Hassaniya, Französisch gilt als Amtssprache. Aber auch die Stammessprachen Wolof, Pular und Soninke sind weit verbreitet, auch wenn sie nicht offiziell anerkannt sind.

Mamadou Alassan, der Präsident der "Partei der Freiheit und der Gleichheit", einer Partei schwarzer Mauretanier, hat dazu aufgerufen, das Referendum zu boykottieren. Seine Ablehnung begründet er damit, dass der Inhalt der Verfassung bezüglich der Minderheitenrechte schlecht definiert sei: "Wir meinen, dass Mauretanien aus Arabern, Pul, Soninke und Wolof besteht und unsere Nationalsprachen offiziell nicht anerkannt werden."

Außerdem wollen Alassan und die Aktivisten seiner Partei auch das Problem der Sklaverei thematisieren. Allein das Wort 'Sklaverei' löst bereits Unbehagen aus, denn laut "Anti-Slavery International" sind zehn Prozent der mauretanischen Bevölkerung von Sklaverei betroffen – und dass trotz der offiziellen Abschaffung der Sklaverei im Jahr 1980.

Messaoud Ould Boulkheir von der "Fortschrittlichen Volksallianz" fordert, dass in die Verfassung ein Paragraph aufgenommen wird, der die Sklaverei verbietet.

Dennoch unterstützt die internationale Gemeinschaft immer offener die aktuellen Entwicklungen in Mauretanien. Das Land sei dabei, ein Demokratie-Modell in Afrika und in der arabischen Welt zu werden, so die westlichen Vertreter im Land. Die EU hat mittlerweile die Kooperation mit Mauretanien wieder aufgenommen.

Beobachter glauben, dass der mehr als unvollständige Demokratisierungsprozess trotz allem viel versprechend sei, denn der politische Wechsel im Land war bis jetzt immer von Kanonenschüssen begleitet worden.

Hassan Znined

© DEUTSCHE WELLE 2006

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