Trauer um Friedensbotschafterin Mevlüde Genç
Mevlüde Genç, die bei dem rechtsextremistischen Brandanschlag in Solingen vor fast 30 Jahren fünf Mitglieder ihrer Familie verlor, ist tot. Wie die Stadt Solingen am Sonntag mitteilte, starb Genç im Alter von 79 Jahren. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU), Solingens Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD) und weitere Politiker würdigten ihr Vermächtnis als Versöhnerin.
"Mit Mevlüde Genç verliert unser Land ein großes Vorbild der Versöhnung", erklärte Wüst in Düsseldorf. Aus "purem Hass" sei ihr das wichtigste im Leben genommen worden. Dennoch habe Mevlüde Genç den Frieden und die Versöhnung immer an erste Stelle gesetzt. "Sie hat den Hass, die Gewalt und die Missgunst, die ihr entgegenschlugen, als Großherzigkeit und Toleranz zurückgegeben", erklärte Wüst.
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) äußerte sich "tieftraurig" über den Tod von Mevlüde Genç. "Sie wird für immer mein großes Vorbild bleiben", schrieb Özdemir im Kurzbotschaftendienst Twitter. Der Präsident des Landtags von Nordrhein-Westfalen, André Kuper (CDU), hob hervor, sie sei "Hass und Gewalt mit Vergebung und Liebe entgegengetreten". Er kündigte für kommenden Mittwoch eine Schweigeminute im Parlament an.
Nach dem rassistischen Anschlag von #Solingen hat sich #MevluedeGenc geweigert, die Mörder Ihrer Kinder zu hassen. Was für ein menschliches Vorbild,möge sie in Frieden ruhen. Die stärkste Geschichte hat der Regisseur #MirzaOdabasi über die Mutter erzählt. Ein Ausschnitt pic.twitter.com/W5YKYvi331
— Düzen Tekkal (@DuezenTekkal) October 30, 2022
Auch Solingens Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD) zeigte sich bestürzt. Mevlüde Genç habe nach dem rechtsextremen Anschlag durch ihre versöhnende Haltung "die Zornigen besänftigt und die Traurigen getröstet und Frieden in die Stadt gebracht". "Solingen wurde nicht zuletzt durch ihr Beispiel Integrationsstadt, lange bevor Deutschland sich als Integrationsland verstehen wollte", erklärte Kurzbach, der Genç noch vor wenigen Tagen zu einem Gespräch über den 30. Jahrestag des Brandanschlages im nächsten Jahr getroffen hatte.
Es sei ihr wichtig gewesen, dass das Gedächtnis an ihre ermordeten Kinder Teil der Erinnerungskultur Solingens bleibe. Diese Vermächtnis werde die Stadt wahren, betonte Kurzbach.