Exponierte Kämpferin
„Freiheit ist süß, Unabhängigkeit ist süß, und Ebadi ist süß!“ Mit diesen Worten empfingen Tausende von Menschen Schirin Ebadi am Teheraner Flughafen, als die frisch gekürte Friedensnobelpreisträgerin im Oktober 2003 in der iranischen Hauptstadt landete. Eine Anspielung auf ihren Vornamen Schirin, der im Persischen „süß“ bedeutet.
Die Auszeichnung der streitbaren Juristin habe einen enormen Symbolcharakter für alle, die sich in Iran für Demokratie und Menschenrechte einsetzen, stellt Katajun Amirpur in ihrem Buch über die Preisträgerin fest: „Selten hat der Westen eine so kluge Nahost-Politik gemacht wie mit dem Friedensnobelpreis 2003.“
Amirpur publizierte ihr Porträt der im Westen völlig unbekannten Juristin kurz nach der Entscheidung des Nobelpreiskomitees. Eine Eile, die sich zwar stilistisch, aber nicht inhaltlich bemerkbar macht. Der schmale Band mit dem Titel „Gott ist mit den Furchtlosen“ ist keine Biographie im engeren Sinne, Amirpur ordnet die Menschenrechtlerin vielmehr in den politischen und gesellschaftlichen Kontext Irans seit der islamischen Revolution von 1978/79 ein.
Von der Richterin zur Anwältin
Die 1947 geborene Schirin Ebadi, die 1969 als erste Frau in Iran zur Richterin berufen wurde, unterstützte die Revolution Chomeinis zunächst - wie die meisten Intellektuellen. Nach der Machtübernahme durch den konservativen Klerus wurde sie jedoch ihres Amtes enthoben und begann, als Anwältin zu arbeiten. Sie setzte sich in der Folge insbesondere für die Menschenrechte von Frauen und Kindern ein und übernahm zahlreiche politisch brisante Fälle, „an denen sich sonst niemand die Finger verbrennen wollte“.
So bemühte sich Ebadi als Anwältin um die Aufklärung der berüchtigten „Kettenmorde“ an iranischen Dissidenten im Jahr 1998. Sie verteidigte Opfer der Studentenunruhen von 1999 und Teilnehmerinnen der Berliner Iran-Konferenz vom April 2000, die nach ihrer Rückkehr verhaftet worden waren. Ebadi sei nicht die einzige, aber eine der „exponiertesten Kämpferinnen“, so die Einschätzung der Kölner Islamwissenschaftlerin.
Amirpur warnt den Westen davor, die Menschenrechtlerin zu vereinnahmen, Ebadi sei keine Säkularistin oder Feministin im europäischen Sinne. Sie gehöre vielmehr „zur Gruppe jener Iraner, die einen Islam wollen, der nicht im Widerspruch steht zu Menschenrechten und Demokratie“.
Wera Reusch
© Qantara.de 2004
Katajun Amirpur: Gott ist mit den Furchtlosen. Schirin Ebadi. Die Friedensnobelpreisträgerin und der Kampf um die Zukunft Irans. Herder Verlag, Freiburg 2003, 160 Seiten, 8,90 Euro