Professionelles Arbeiten im unbekannten Land

Das Projekt "CrossCulture Praktika" ermöglicht jungen Akademikern und Kulturschaffenden aus Deutschland und islamischen Ländern, die jeweils andere Kultur und Lebensweise kennen zu lernen. Von Ariana Mirza

Das Projekt "CrossCulture Praktika" ermöglicht jungen Akademikern und Kulturschaffenden aus Deutschland und islamischen Ländern, die jeweils andere Kultur und Lebensweise kennen zu lernen. Ariana Mirza hat nach persönlichen Motiven, Zielen und ersten Erfahrungen gefragt.

Koumay al-Mehem und Hamza Alamoosh; Foto: Stephan Schmidt
Haben viel über die deutsche Mentalität gelernt: Alamoosh und Koumay al-Melhem.

​​"Ich bin neugierig auf das iranische Gegenwartstheater. Ängstlich, dort als Frau einen schwierigen Stand zu haben, bin ich eigentlich nicht." Ursula Schelhaas ist Theaterwissenschaftlerin am Theater an der Ruhr. Dass sie demnächst für drei Monate bei "Artoday" in Teheran arbeiten wird, verdankt sie einem "CrossCulture Praktikum".

Die Zielsetzung dieses Projekts des Instituts für Auslandsbeziehungen ist es, hoch qualifizierten Interessenten aus der islamischen Welt und aus Deutschland die Möglichkeit zu geben, für drei Monate eine adäquate Tätigkeit im anderen Kulturkreis auszuüben. Die Begegnung mit unbekannten Konventionen ist in diesem Berufspraktikum selbstverständlich inbegriffen.

"Wenn ich nicht weiß, wie ich mich in einer Situation angemessen verhalten soll, dann werde ich fragen." Ursula Schelhaas ist sich sicher, als Fremde im Iran bei unabsichtlichen Verstößen gegen unbekannte Regeln auf Verständnis zu treffen.

Ebenso wie Schelhaas freut sich auch der angehende Veranstaltungskaufmann Stephan Pöter auf die Begegnung mit einer anderen Arbeits- und Lebenswirklichkeit. Ein zweiwöchiger Aufenthalt im Iran hat Pöters Interesse für das Land geweckt. Nun möchte er sich ein genaueres Bild machen.

Inspiration, Wissensgewinn und Abbau von Vorurteilen

Von ihrem Arbeitsaufenthalt im islamischen Kulturkreis erhoffen sich die deutschen Berufsanfänger Inspiration, Wissensgewinn und den Abbau von Vorurteilen. Eine Haltung, die dem iranischen Journalisten Kambiz Tavana gut gefällt. "Ich bin froh, wenn sich Deutsche den Iran genauer anschauen, denn die Berichterstattung der westlichen Medien ist in vielen Bereichen unzulänglich."

Der Journalist aus Teheran absolviert derzeit selbst ein zweiteiliges CrossCulture Praktikum in Deutschland. Im Moment ist Tavana bei der Wochenzeitung "Die Zeit" tätig. In Kürze wird er das Praktikum bei der "Deutschen Welle" fortsetzen. Mit Beiträgen für renommierte deutsche Redaktionen liefert Tavana auch medial Beiträge zum interkulturellen Dialog.

Doch nicht alle Austauschpraktikanten betonen die gesellschaftliche Dimension. Sulaiman al-Shandoudi meint lächelnd, er "interessiere sich nicht für Politik". Der junge Mann aus dem Oman erhofft sich für die Zukunft einen stärkeren Austausch von Wirtschafts- und Wissenschaftsstudenten sowie Dozenten zwischen seinem Heimatland und Deutschland.

Europa stärker im Blickpunkt

Aufgrund der Anschläge des 11. September habe der bis dahin rege Kontakt zu Universitäten in den USA gelitten. Jetzt rücke Europa als Bildungspartner stärker in den Blickpunkt. In Deutschland arbeitet Sulaiman al-Shandoudi seit rund zwei Monaten beim Deutschen Akademischen Austausch Dienst (DAAD). Also genau am richtigen Ort, um sein Anliegen voranzutreiben.

Ebenso zufrieden mit seinem Praktikumsplatz ist auch der Syrer Koumay al-Mehem, der in Damaskus ein interaktives Radioprogramm initiieren möchte. Er verspricht sich technisches und praktisches Know-how von seiner Tätigkeit in einer deutschen Medienagentur. Wenn der junge Syrer spricht, sieht er immer so aus, als zweifle er daran, richtig verstanden zu werden.

Solcherlei Unsicherheiten zeigt Hamza Alamoosh nicht. Der selbstbewusste Mann aus Jordanien ist schon nach drei Tagen Aufenthalt in Deutschland sicher, mit seiner Qualifikation am richtigen Ort zu sein.

Noch kommt ihm der Name "Herbert-Quandt-Stiftung" schwer über die Lippen, aber dass er dort im Bereich Jugendaustausch passend eingesetzt wird, bezweifelt er nicht. Schließlich bringt er ja einschlägige Erfahrungen aus seinem Arbeitsgebiet am Princess Basma Youth Resource Center in Amman mit.

Interkulturelle Kompetenz

So unterschiedlich die Praktikantinnen und Praktikanten, so vielfältig sind ihre Gründe für eine Teilnahme am Programm. Erhoffen sich die einen Einblicke in eine andere Form der Arbeitsorganisation, die Erweiterung des beruflichen "Handwerkszeugs" und eine größere Kompetenz im interkulturellen Dialog, so motiviert andere das Interesse an gesellschaftspolitischen Fragen.

Die genauere Beschäftigung mit politischen und gesellschaftlichen Perspektiven gab für Tabea Leibbrandt den Ausschlag, sich für ein CrossCulture Praktikum zu bewerben. Die deutsche Akademikerin verspricht sich von ihrer Tätigkeit für die "League of Arab States" in Tunis detaillierte Einsichten in die Inhalte, die bildungspolitisch in der arabischen Welt vermittelt werden.

"Interkulturelle Kompetenz" für den Einstieg in die jeweils fremde Lebenswelt erhielten die derzeitigen CrossCulture Praktikanten bei einem Workshop, den die Kölner Trainerin Sabine Fründt anbot. "Dabei haben wir nicht nur viel über die deutsche Mentalität gelernt", erzählen Hamza Alamoosh und Koumay al-Melhem.

Der Workshop habe ihnen auch vermittelt, dass es einige ungeahnte kulturelle Unterschiede zwischen ihren arabischen Heimatländern gäbe. "Und im Oman ist es noch einmal ganz anders", sagt Alamoosh und lacht.

Ariana Mirza

© Qantara.de 2005

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