Solidarität und Verantwortung für die Vergangenheit
Bundeskanzlerin Angela Merkel ist in Israel ein gern gesehener Gast. Sie gilt als treue und engagierte Freundin des jüdischen Staates, die auch dann, wenn Israel international in die Kritik gerät, keinen Zweifel an der deutschen Verpflichtung gegenüber dem jüdischen Volk und dem Staat Israel aufkommen lässt.
Dies machte sie zuletzt am 18. Januar dieses Jahres deutlich, als sie zusammen mit fünf weiteren europäischen Staats- und Regierungschefs zu einem demonstrativen Solidaritätsbesuch nach Israel reiste.
An diesem Tag war der Waffenstillstand in Kraft getreten, der die dreiwöchige israelische Offensive im Gazastreifen beendet hatte, die auf palästinensischer Seite mehr als 1300 Menschenleben gekostet hatte.
Die europäischen Politiker waren aus Ägypten angereist, wo sie ihre Unterstützung bei der Suche nach einer Friedenslösung zugesagt hatten.
Als erste Maßnahme müsse der Waffenschmuggel in den Gazastreifen unterbunden werden, erklärte Merkel in Ägypten und in Israel. Deutschland sei bereit, dabei zu helfen.
Treue Freunde
Deutschland, das war die Botschaft der Kanzlerin, steht fest an der Seite Israels. Sie erneuerte damit das Treueversprechen, dass sie ein Jahr zuvor abgegeben hatte, als sie als erste ausländische Regierungschefin eine Rede in der Knesset, Israels Parlament, hielt.
Anlass war der 60. Jahrestag der israelischen Staatsgründung, der in Deutschland mit zahlreichen offiziellen Veranstaltungen umfassend gewürdigt wurde.
"Deutschland wird Israel nie allein lassen, sondern treuer Partner und Freund sein", erklärte Merkel. Die Beziehungen zwischen den beiden Staaten seien besonders und einzigartig. Sie gründeten auf gemeinsame Werte, auf Solidarität und auf die immerwährende deutsche Verantwortung für die Vergangenheit.
Merkel war nicht allein nach Israel gekommen. Sie hatte in ihrem Gefolge eine ganze Reihe von Ministern mitgebracht, denn der 60. Geburtstag des jüdischen Staates wurde mit den ersten deutsch-israelischen Regierungskonsultationen begangen, die in Jerusalem stattfanden.
Sie markierten den vorläufigen Höhepunkt der Annäherung zwischen den beiden Staaten, die im Abstand von nur einem Jahr gegründet worden waren, Israel im Jahr 1948 und die Bundesrepublik Deutschland ein Jahr später.
Erste Kontakte
Die ersten Kontakte zwischen Bonn und Jerusalem gab es schon in den 1950er Jahren. 1952 unterzeichneten Israel und die Bundesrepublik das Wiedergutmachungsabkommen, mit dem die Bundesregierung ihre Verantwortung für den Mord an den europäischen Juden durch das Naziregime anerkannte und sich bemühte, wenigstens eine finanzielle Entschädigung zu leisten.
In dem Vertrag verpflichtete sich Bonn, bis zum Jahr 1965 drei Milliarden DM - etwa 1,5 Milliarden Euro - an Israel zu bezahlen. Weitere 450 Millionen gingen an die "Claims Conference", die individuelle Interessen verfolgter Juden wahrnahm.
Für Bundeskanzler Konrad Adenauer waren die Entschädigungszahlen an Israel stellvertretend für die jüdischen Opfer des nationalsozialistischen Terrors, ein unverzichtbarer Pfeiler der deutschen Nachkriegspolitik.
"Wir mussten das Unrecht, das den Juden von den Nationalsozialisten angetan worden ist, so weit gut machen, wie das irgend möglich war", sagte er später rückblickend.
Die Versöhnung mit den Juden und die Kontaktaufnahme mit dem Staat Israel waren für Adenauer eine der wichtigsten politischen Aufgaben Nachkriegsdeutschlands. Im März 1960 traf er in New York zum ersten Mal mit dem israelischen Ministerpräsidenten David Ben Gurion zusammen.
Das Treffen fand im Waldorf Astoria Hotel in New York statt und es markierte den Beginn der deutsch-israelischen Beziehungen, die jedoch erst fünf Jahre später, im Jahr 1965, in offizielle diplomatische Beziehungen zwischen beiden Ländern mündeten.
Der Ausbau der Beziehungen
In den darauffolgenden Jahren und Jahrzehnten wurden die Kontakte zwischen Deutschland und Israel auf allen Ebenen ausgebaut. Es gab eine enge Zusammenarbeit im Bereich der Kultur, der Wissenschaft und der Forschung und des Jugendaustauschs.
Aber auch auf politischem Gebiet näherten sich die beiden Länder immer mehr aneinander an. Deutschland wurde nach den USA zum wichtigsten Partner Israels und innerhalb der EU zum zuverlässigsten Fürsprecher für den jüdischen Staat.
Normalität in den Beziehungen aber, so Bundespräsident Horst Köhler, könne es aufgrund der deutschen Schuld nicht geben. 40 Jahre nach Aufnahme der diplomatischen Beziehungen sprach Köhler in der Knesset. "Wer hätte vor 40 Jahren gedacht, wie gut, ja, wie freundschaftlich sich unser Verhältnis entwickeln würde?", fragte er.
Heute arbeiteten nicht nur die Regierungen gut zusammen, die Beziehungen zwischen Deutschland und Israel würden auch von der Freundschaft zwischen vielen Menschen in beiden Ländern geprägt. In die Freundschaft mischen sich in letzter Zeit aber auch zunehmend kritische Töne.
Vor allem die Offensive gegen den Gazastreifen hat - wenn auch nicht in der Politik, so doch in der deutschen Öffentlichkeit Empörung und Proteste ausgelöst.
Bettina Marx
© Qantara.de 2009
Qantara.de
Israels Ministerpräsident zu Besuch in Berlin
Demonstrative Solidarität
Der Besuch von Ehud Olmert bei Angela Merkel läßt wenig Neues für den Nahost-Friedensprozess erwarten. Die Grenzen deutscher Politik sind nicht nur bedingt durch die "besonderen" Beziehungen zu Israel, sondern auch durch die relative Nebenrolle, die die EU in Nahost spielt. Von Peter Philipp
Israel und die amerikanische Außenpolitik
"Israel vor der eigenen Stärke schützen"
Der israelische Soziologe Lev Grinberg meint: Israels Politik hat immer die USA im Blick. Daher begann der Krieg gegen Gaza bereits am Wahltag von Obama.
Deutsch-israelisches Verhältnis
Friedensfördernde Politik gefragt
Israel und Deutschland wollen auf zahlreichen Politikfeldern ihre Zusammenarbeit ausbauen – so das Ergebnis der Konsultationen beider Staaten in Jerusalem. Doch die Frage nach einem neuen Dialog mit den Palästinensern und einer Friedenslösung im Nahen Osten wurden hierbei vernachlässigt, meint Peter Philipp in seinem Kommentar.