Demonstrative Solidarität

Der Besuch von Ehud Olmert bei Angela Merkel läßt wenig Neues für den Nahost-Friedensprozess erwarten. Die Grenzen deutscher Politik sind nicht nur bedingt durch die "besonderen" Beziehungen zu Israel, sondern auch durch die relative Nebenrolle, die die EU in Nahost spielt. Von Peter Philipp

Israels Ministerpräsident Ehud Olmert, Foto: AP
Selten waren die gegenseitigen Beziehungen in ihrer 43-jährigen Geschichte so eng wie jetzt zwischen Ehud Olmert und Angela Merkel.

​​Für die Bundeskanzlerin steht fest: Deutschlands besondere Verantwortung für den nahöstlichen Friedensprozess und die damit verbundene Sicherheit Israels bleibt einer der Eckpfeiler der deutschen Nahostpolitik. Berlin werde zusammen mit der Europäischen Union alles tun, um diesen Friedensprozess zu unterstützen und Israelis wie Palästinensern ein Leben in Frieden, Freiheit und Sicherheit zu ermöglichen.

Merkels "Nahost-Bekenntnis" ist nicht neu und der zweitägige Besuch von Israels Regierungschef Ehud Olmert in Berlin nur ein weiterer Anlass, es - in der der wöchentlichen Video-Ansprache der Kanzlerin - zu erneuern.

Meilenstein im bilateralen Verhältnis

Selten waren die gegenseitigen Beziehungen in ihrer 43-jährigen Geschichte so eng wie jetzt zwischen Olmert und Merkel und eine weitere Intensivierung steht bevor: Im Rahmen der bevorstehenden Feierlichkeiten anlässlich des 60. Jahrestages der Gründung Israels wird es zum ersten Mal gemeinsame Konsultationen beider Regierungen geben - mit einigen europäischen Staaten längst guter Brauch, nicht aber außerhalb Europas und schon gar nicht in einer Krisenregion wie dem Nahen Osten.

Was unbestritten ein Meilenstein auf dem Weg der bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Israel ist, dürfte allerdings bei den anderen Konfliktparteien eher Zweifel aufkommen lassen über Deutschlands Rolle in der Region. So offene und demonstrative Solidaritätsbekundungen hat Israel bisher nicht einmal von Seiten der USA erfahren – mit Sicherheit der wichtigste Partner des jüdischen Staates.

Relative Nebenrolle

Es hatte lange gedauert, bis man in der arabischen Welt verstand und akzeptierte, dass und warum Deutschland ein besonderes Verhältnis zu Israel hat. Die Bonner und dann auch die Berliner Republik genoss dennoch einiges Ansehen, weil man das Gefühl hatte, dass die deutsche Politik sich ernsthaft um eine Schlichtung in Nahost bemühte.

Ohne dass man dabei überoptimistisch wurde: Die Grenzen dieser Politik waren den meisten klar. Sie sind bedingt nicht allein durch die "besonderen" Beziehungen zu Israel, sondern auch durch die relative Nebenrolle, die die EU in Nahost spielt. Zumindest im Vergleich zu den USA.

Bundesmarine vor der libanesischen Küste, Foto: AP
Politisch umstritten: Einsatz der Bundesmarine vor der libanesischen Küste

​​Eine aktive Rolle übernahm Deutschland immerhin nach dem Libanonkrieg von 2006: Die Bundesmarine patrouilliert das östliche Mittelmeer vor der libanesischen Küste, um Waffenschmuggel in den Libanon zu verhindern. Der Einsatz war begleitet von starken Zweifeln auf deutscher Seite, weil man auch nicht auf Umwegen in einen Konflikt mit Israel gezogen werden wollte.

Es war Olmert, der solche Zweifel zerstreute, indem er den deutschen Einsatz ausdrücklich begrüßte. Mehr als diese Zustimmung schadete freilich Merkels Bemerkung, der Einsatz diene der Sicherheit Israels. Statt zu betonen, dass man Israel wie dem Libanon helfen wolle.

Keine Differenzen in der Iranpolitik

Grund genug aber für Ehud Olmert, Angela Merkel als zuverlässige Alliierte zu betrachten. Was er gegenüber der deutschen Außenpolitik nicht immer so empfinden dürfte. Zum Beispiel, wenn SPD-Außenminister Frank-Walter Steinmeier sich für eine verstärkte Einbindung Syriens einsetzt, während die CDU-Kanzlerin eher den Washingtoner Ausgrenzungskurs gegenüber Damaskus für richtig hält.

Erst wenn es um den Iran geht, dann sind solche Differenzen nicht zu finden: Berlin gehört in Europa zu den treibenden Kräften bei der Forderung nach weiteren Sanktionen gegen den Iran. Sanktionen, die Israel sicher freuen, bisher aber wenig bewirkt haben, aber das deutsch-iranische Verhältnis belasten und der deutschen Wirtschaft schaden.

Zögerliche Haltung

Im israelisch-palästinensischen Konflikt schließlich ist von Deutschland außer wohlwollender Förderung von Friedensinitiativen kaum etwas zu erwarten. Schon gar nicht eine eigene – oder europäische – Initiative.

In Berlin gilt, was auch anderswo in der Europäischen Gemeinschaft vertreten wird: Man unterstützt Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, will mit Hamas solange nicht reden, wie sie Israels Existenzrecht bestreitet, und man verlässt sich darauf, dass – vielleicht durch sanften Druck aus Washington – Olmert und Abbas Fortschritte bei ihren Gesprächen erzielen.

Solch abwartende Haltung wird Olmert den Besuch in Berlin weiter erleichtern. Er kann für einige Stunden dem massiven innenpolitischen Druck entrinnen, unter dem er weiterhin steht, und er braucht keine Zugeständnisse zu machen: Washington wird die während des Wahlkampfes nicht fordern, Berlin erst recht nicht.

Und so kann Olmert sich erlauben, die Gespräche mit den Palästinensern belanglos dahinplätschern zu lassen. Dass sie noch dieses Jahr Erfolg bringen, will inzwischen niemand mehr glauben.

Peter Philipp

© DEUTSCHE WELLE 2008

Qantara.de

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