"Die einen haben zu viel, die anderen gar nichts!"

Wochen nach dem Erdbeben in Pakistan mehrt sich die Kritik von Hilfsorganisationen an Präsident Musharraf. Dieser habe zu spät reagiert. Hilfsgüter seien nicht schnell genug und ungleichmäßig verteilt in die Katastrophengebiete gebracht worden. Von Nadia Riaz

Wochen nach dem Erdbeben in Pakistan mehrt sich die Kritik von Hilfsorganisationen an Präsident Musharraf. Dieser habe zu spät gehandelt. Hilfsgüter seien nicht schnell genug und ungleichmäßig verteilt in die Katastrophengebiete gebracht worden. Von Nadia Riaz

Pakistanisches Militär beim Hilfseinsatz in Muzaffarabad, Foto: AP
Zu spät gehandelt - pakistanisches Militär beim Hilfseinsatz im Erdbebengebiet in Muzaffarabad

​​Die Opfer des Erdbebens stehen vor einem schwierigen Winter. Mittlerweile sind über vier Millionen Menschen obdachlos. Die weltweiten Spendenaufrufe haben dazu geführt, dass es in den letzten Tagen einen enormen Spendenzustrom gegeben hat. Menschen aus aller Welt haben Decken, Kissen, Medikamente und Nahrungsmittel gespendet.

Das Problem sei aber nicht die Anzahl der Spenden, sondern vielmehr die Verteilung dieser Hilfsgüter in den entsprechenden Krisenregionen, meint Zubair Gondal, Vorsitzender der islamischen Jugendorganisation "Islami Jamiat-e Talba": "An den Orten, die befahrbar und nicht versperrt sind, können die Menschen ausreichend versorgt werden", so Gondal, "aber in den Gebieten, wo die Hinfahrtswege immer noch blockiert sind werden immer noch dringend Hilfsgüter wie Decken und Zelte benötigt."

Mangelhafte Koordination bei der Versorgung

Mehr als 60 Helikopter sind derzeit im Einsatz und versuchen die Regionen zu versorgen, die mit Lastwagen und Autos nicht zu erreichen sind. Aber trotzdem scheint die Koordination nicht so zu funktionieren, wie sich die Bevölkerung es wünscht, meint Dr. Saeed Alam, ein Arzt aus Peschawar:

"Die Polizei stimmt sich nicht mit dem Militär ab und die Hilfsorganisationen haben keinen Kontakt zur Regierung", so Alam. "Den unzähligen Menschen, die sich selbst auf den Weg gemacht haben, um zu spenden, muss erklärt werden, wo Hilfsgüter dringender gebraucht werden als anderswo."

Die Kritik an die Regierung wird immer lauter. Obwohl man sich einig ist, dass eine Katastrophe dieses Ausmaßes nicht alleine bewältigt werden kann, sind viele Menschen empört. Musharraf habe zu viel angekündigt, aber er habe nicht schnell genug gehandelt. Seine Entscheidungen kamen zu spät und waren zu stark politisch beeinflusst.

Zaudern des Präsidenten

Der Präsident hätte zum Beispiel Indiens Hilfsangebote sofort annehmen können. Das hätte Zeit gespart und Nahrungsmittel wären in den Krisengebieten schneller angekommen. Aber Musharraf hat zu lange gezögert, um Hilfe von seinen politischen Rivalen anzunehmen. Doch in einer Krisensituation hätte das Wohl seines Volkes an erster Stelle stehen müssen, kritisiert Alam.

Das Militär habe die ganze Zeit nur herumgeredet, aber nicht gehandelt. Dabei wäre die Armee in der Lage gewesen, Korea, Japan oder China Aufträge zu erteilen, für 60 Millionen Dollar Zelte zu kaufen, so der Mediziner. Man hätte die Hilfsgüter nicht nur bekommen, sondern innerhalb von 24 Stunden auch in die Regionen ausliefern können. Aber Musharraf habe auf Almosen gehofft, so Alam.

Aus dem Elend Kapital schlagen

Während die Opfer des Erdbebens auf ärztliche Versorgung, Nahrungsmittel und Zufluchtsorte angewiesen sind, warnen Experten vor Menschen, die aus dieser Misere Kapital schlagen wollen. Bei den unzähligen obdachlosen Kindern zum Beispiel besteht die Gefahr, dass Kinderhändler aktiv werden.

Gewarnt wird auch vor Schwindlern, die in Krisengebieten Camps errichten, um so Spendengelder abzuzweigen. Bei den vielen Camps, die errichtet werden, besteht leicht die Gefahr, den Überblick verlieren. Doch die Regierung ist vorgewarnt und habe das Problem unter Kontrolle, meint Irfan Elahi, Verantwortlicher für Katastrophenhilfe in der Provinz Punjab:

"Wo unzählige Menschen helfen und spenden, gibt es immer einen kleinen Prozentanteil, der versucht, die Situation auszunutzen", berichtet Elahi. "Doch die Regierung von Punjab hat eigene Spenden-Center eröffnet und wir haben die Menschen aufgefordert, Bargeld nur auf bestimmte Konten zu überweisen. Die Camps, die nicht angemeldet sind oder suspekt erscheinen, werden aufgespürt und geschlossen."

Nadia Riaz

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