Die muslimische Antwort auf Facebook
Ein muslimisches soziales Netzwerk könnte sich eigentlich keinen besseren Namen geben als Salamworld.com. Denn "salam" bedeutet soviel wie "Friede sei mit dir" und ist der übliche Gruß in der arabischen Welt.
Salamworld will eine Plattform für Themen sein, die Muslime interessieren, und diese in einer Art und Weise präsentieren, die im Einklang mit dem Islam stehen, also "halal" ist. Hinter Salamworld steht ein in Istanbul ansässiges Start-up-Unternehmen, das eine muslimische Alternative zu Facebook bieten will, auf der sich Muslime aus aller Welt online treffen können.
Starten soll die Internetseite zwar erst Ende Juli, wenn der Fastenmonat Ramadan beginnt, doch schon jetzt ist Salamworld.com in der türkischen IT-Szene in aller Munde. Vor allem, seit die Macher von Salamworld Ende Februar ihre Pläne der Öffentlichkeit vorgestellt haben.
In einem Werbeclip erläutern die Initiatoren, was genau sie unter "halal" verstehen: "Wir wollen schädliche Inhalte herausfiltern und Inhalte so aufbereiten, dass traditionelle Werte respektiert werden. Damit erfüllen wir die Bedürfnisse von Muslimen auf der ganzen Welt." Und weiter: "Es ist das Ziel von Salamworld, alle politischen, sprachlichen und kulturellen Barrieren zu überwinden, um die Welt für Muslime zu öffnen und umgekehrt."
Eine Alternative für Muslime
Zur Veranstaltung in Istanbul waren Muslime aus aller Welt angereist. Viele teilten die Ansicht von Fouzan Akhmed Khan, einem Aktivisten aus Kanada, der die Bemühungen von Muslimen lobte, sich auf neue Technologien einzulassen, anstatt sie zu verdammen. "Alles was sie nicht verstehen, kritisieren sie, weil sie Angst haben." Salamworld biete Muslimen somit eine echte Alternative.
Nihad Awad vom Rat für Amerikanisch-Islamische Beziehungen, kurz CAIR, sagte, dass ein soziales Netzwerk von und für Muslime auch politische Aktivitäten erleichtern werde. "Ich hoffe auch, dass Salamworld das Niveau der sozialen Medien heben wird. Was wir brauchen, ist eine Möglichkeit für Muslime, ihre Vision von der Welt zu präsentieren." Nämlich basierend auf Würde, ein friedliches Miteinander und eine "haram"-freie Zone. "Haram" ist das Gegenteil von "halal" und bezeichnet mit dem Islam nicht Konformes, Verbotenes.
Eine Geschäftsidee mit Potential
Die Vision von Salamworld entsteht in einem neuen, prachtvollen Bürogebäude in Istanbul, auf einer Anhöhe mit Blick auf den Bosporus. Das Ziel der Jungunternehmer ist ehrgeizig: Binnen drei Jahren sollen 50 Millionen Nutzer gewonnen werden. Ein großes Potential gibt es in der Tat: 54 Prozent der weltweit rund 1,5 Milliarden Muslime sind unter 25 Jahre alt.
Und soziale Netzwerke sind ein großes Geschäft. Facebook hat über 800 Millionen Nutzer und wird aller Voraussicht nach bei seinem Börsengang mehrere Milliarden Dollar erzielen. Aber Facebook ist nicht der einzige Player. Sina Weibo aus China hat 227 Millionen User, die russische Plattform Vkontakte 100 Millionen. Aus Russland stammen übrigens die privaten Geldgeber von Salamworld - und aus Kasachstan.
Doch was ist die Absicht der Geldgeber? Den Muslimen weltweit eine islamkonforme Plattform zu geben oder Geld zu verdienen mit diesem Geschäftsmodell?
Beides, sagt Said Saidow, zuständig für die Unternehmenskommunikation bei Salamworld: "Für einen Muslim sind Religion und Geschäft nicht zu trennen. Wie immer man sein Geschäft voranbringen will, es sollte in Übereinstimmung mit religiösen Werten und Prinzipien geschehen", meint er und erklärt, dass das Unternehmen ein Umfeld für den Dialog für Muslime wie auch für Nicht-Muslime schaffen wolle.
Es gehe nicht darum, der Welt zu erklären, was der Islam sei. "Wir haben zugelassen, dass Menschen, die keinen Bezug zum Islam haben, uns repräsentieren, unsere Religion für sich beanspruchen und uns nach außen hin falsch darstellen." Nun habe man mit Salamworld eine Alternative zu anzubieten.
Insider skeptisch
Salamworld ist nicht die erste Webseite für Muslime. In den letzten zehn Jahren sind zahlreiche muslimische Dating-Websites entstanden. Daneben gibt es Plattformen, über die man islamische Lebensmittel und Kleidung beziehen oder eine Moschee in der Umgebung finden kann.
Daher gibt es auch skeptische Stimmen, die nicht sicher sind, ob sich Salamworld behaupten wird. Einer von ihnen ist Omar Chatriwala, Online-Journalist aus Qatar. Er meint, junge Muslime unterschieden sich kaum von Jugendlichen irgendwo auf der Welt. "Sie mögen Facebook", sagte er. "Sie mögen es, sich mit Menschen - auch des anderen Geschlechts - online zu treffen."
Die Idee eines sozialen Netzwerks, das "halal" ist, könnte auch als Zensur gesehen werden. Chatriwala glaubt zudem, es seien gar nicht die jungen Leute, die sich dem nicht aussetzen wollten, sondern vielmehr die Älteren, die versuchte, traditionelle islamische Werte hochzuhalten.
Matthew Brunwasser & Hiltrud Schoofs
© Deutsche Welle 2012
Redaktion: Arian Fariborz/Qantara.de