Triumph für die Opposition
Bei der Parlamentswahl in Pakistan haben die Oppositionsparteien von Benazir Bhutto und Nawaz Sharif einen haushohen Sieg eingefahren. Die herbe Niederlage für Präsident Musharraf ist eine deutliche Entscheidung für einen demokratischen Wandel, meint Thomas Bärthlein in seinem Kommentar.
Die Pakistaner haben Mut bewiesen und allen Einschüchterungen zum Trotz bei der Wahl am Montag ein klares Signal gegen die Politik ihres Präsidenten gegeben: gegen Misswirtschaft und Versorgungsengpässe, gegen die Einmischung von Militär und Geheimdiensten in die Politik, gegen die allgegenwärtige Gewalt, gegen Menschenrechtsverletzungen und Übergriffe auf Zivilisten im Namen der Terror-Bekämpfung und für eine freie Justiz und freie Medien.
Und die demokratischen Parteien haben am Wahltag eine schwere Verantwortung übertragen bekommen. Sie wissen genau, dass weite Teile der Bevölkerung den Putsch Musharrafs vor acht Jahren begrüßt haben, weil die Parteien schlecht regiert hatten. Sie sollten die Sympathiewelle nicht verpuffen lassen und sich vor allem nicht untereinander zerstreiten.
Chance für nationale Versöhnung
Die Chance ist jetzt da, die "nationale Versöhnung", die Musharraf nur als hohle Parole ausgegeben hatte, durch eine Große Koalition aus People's Party und Nawaz Sharifs Muslim-Liga in die Tat umzusetzen.
Unter keinen Umständen wird die neue Regierung, vermutlich unter Führung der Pakistan People's Party der ermordeten Benazir Bhutto, die Unterdrückungspolitik Musharrafs nahtlos fortsetzen können. Damit werden die Zivilgesellschaft, die Medien und die demokratische Entwicklung in Pakistan insgesamt weiter gestärkt, und das ist gut so.
Denn nicht nur die Pakistaner haben das autoritäre Regime Musharrafs satt, es hat mit seiner Politik auch in der ganzen Region Probleme geschaffen, die zu bewältigen lange dauern wird. Eine demokratische Regierung in Islamabad wird vielleicht nicht so ein einfacher Gesprächspartner für den Westen und die USA sein wie Pervez Musharraf.
Glaubwürdige Alternativen zu Musharraf
Der Westen sollte das Wahlergebnis trotzdem würdigen und mit den wahren Vertretern der pakistanischen Bevölkerung in den Dialog treten. Er hat sich lange genug von Musharraf an der Nase herumführen lassen – der den westlichen Politikern und Medien einerseits Angst vor den Extremisten machte und andererseits dann vorgab, nur er könne Stabilität garantieren.
Die überwältigende Mehrheit der Menschen in Pakistan ist nicht extremistisch oder anti-westlich eingestellt. Viele derjenigen, die – besonders an der afghanischen Grenze – zu den Waffen greifen, tun das aus Verzweiflung über brutale Übergriffe der Armee. Ein politischer Dialog muss stattfinden, der die lokale Bevölkerung ernst nimmt. Demokratische Rechte und Dezentralisierung sind die besten Waffen gegen militante Extremisten und Separatisten.
Wie sich das Militär positioniert, ist noch nicht ausgemacht. Der neue Generalstabschef Kiyani scheint immerhin darauf Wert zu legen, dass Militär und Politik entflochten werden. Es kann auch nicht in seinem Interesse sein, dass sich Soldaten nicht mehr in Uniform auf die Straße trauen, weil sie Anschläge zu befürchten haben.
Und was bleibt von Musharraf? Er hat neben all dem Unheil, das er angerichtet hat, auch eine Menge Positives in seiner Bilanz zu verzeichnen, etwa die Entspannungspolitik mit Indien, manche Liberalisierung in der Gesellschaft und in den Medien.
Er sollte einsehen, dass es für seinen Platz in den Geschichtsbüchern schädlich wäre, wenn er jetzt einen neuen Machtkampf anzettelt. Er sollte die neue Regierung, die im Gegensatz zu ihm das Mandat der Bevölkerung hat, in Ruhe arbeiten lassen.
Thomas Bärthlein
© DEUTSCHE WELLE 2008
Qantara.de
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