Sanfter Krieg gegen den Terror

Saudi-Arabien sieht sich nicht als Ursprung von Terrorismus, sondern als eines seiner Opfer. Das sollte eine Konferenz in Riad deutlich machen. Doch man konnte sich nicht einmal einigen, was Terrorismus überhaupt ist. Von Peter Philipp

Saudi-Arabiens Kronprinz Abdallah Abdalaziz
Saudi-Arabiens Kronprinz Abdallah Abdalaziz

​​Während die Beratungen bei der internationalen Anti-Terrorismus-Runde auch am Montag (8.2.), dem letzten Konferenz-Tag, weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit fortgesetzt wurden, beschäftigt sich die saudische Öffentlichkeit in zunehmendem Maße mit der Frage des Terrorismus.

So haben sich Schulen, Universitäten und andere öffentliche Einrichtungen in allen Teilen des Landes bereit erklärt, an einer konzertierten Aufklärungsaktion über und gegen den Terrorismus teilzunehmen.

Radikale Tendenzen in Schulen sollen ebenso unterbunden werden wie in Moscheen und religiösen Institutionen, um extremistischen Gruppen und Einzeltätern den Nährboden zu entziehen, auf dem es ihnen in den letzten Jahren immer wieder gelungen war, Anhänger und freiwillige Gefolgsleute zu finden.

Aufklärung - Imageverbesserung

Offizielle Kreise in der saudischen Hauptstadt zeigen sich zuversichtlich, dass diese Maßnahmen bereits positive Auswirkungen haben. So ist man überzeugt, dass in den zurückliegenden Monaten die wichtigsten Personen der saudischen "Terror-Szene" gefasst oder getötet wurden. Und dass dadurch die Gefahr neuer Angriffe und Überfälle erheblich verringert worden sei.

Eine Einschätzung, die im gewissen Widerspruch zu den überaus strikten Sicherheitsvorkehrungen steht, die im Umfeld der Anti-Terrorismus-Konferenz ergriffen wurden. Die Hotels der Delegierten und Journalisten aus 50 Ländern gleichen militärischen Festungen, die 24 Stunden lang von schwer bewaffneten Vermummten bewacht werden und weiträumig abgesperrt sind.

Täter - Opfer

Ein Teil dieser Maßnahmen dürfte dazu da sein, die Botschaft der Saudis zu unterstreichen: Dass dieses Land nämlich nicht Ursprung terroristischer Umtriebe, sondern eines ihrer ersten Opfer ist. Man besteht darauf, dass der Terrorismus "keine Adresse und auch keine Religion" habe und dass Saudi-Arabien schon immer gegen extremistische Tendenzen angetreten sei.

Gleichzeitig wird aber eingeräumt, dass man wohl durchaus einiges versäumt habe in der Vergangenheit. Denn man habe erst kürzlich Schulbücher durchforstet und extremistische Passagen gestrichen.

Widerstand - Terrorismus

Ein ähnliches Problem hat man weiterhin mit der Definition des Terrorismus: In den Arbeitsgruppen der Konferenz ist es offenbar zu heftigen Meinungsverschiedenheiten - besonders mit Iranern und Syrern - gekommen: Diese wollten ausdrücklich feststellen, dass Anschläge in Palästina und in Israel als legitime Akte des Widerstandes bezeichnet und aus der Definition des Terrorismus ausgenommen werden.

Dieser Linie konnten und wollten andere Delegationen – vor allem aus westlichen Staaten – nicht folgen und man beschloss, die Frage einer Definition des Terrorismus nicht weiter zu verfolgen.

Und die saudischen Gastgeber sind besonders vorsichtig bei dieser Frage: Obwohl sie in einer an Journalisten verteilten Broschüre noch erklären, der Terrorismus sei unter anderem ein Produkt des Zionismus, so halten sie sich im offenen Gespräch doch bewusst zurück.

Jeder Übergriff auf Unschuldige sei zu verurteilen, meint etwa der Präsident des "Majlis el Shura" – des parlamentsähnlichen Konsultativrates in Riyadh: Man könne solche Art von Terrorismus auch nicht auf den israelisch-palästinensischen Konflikt beschränken, sondern finde ihn natürlich auch anderswo. Etwa in Kaschmir, im Sudan oder in anderen Gegenden Afrikas.

Peter Philipp

© DEUTSCHE WELLE/DW-WORLD.DE 2005