Zurück zu den Anfängen der islamischen Revolution

Welche innen- wie außenpolitischen Absichten verfolgt Irans Präsident Ahmadinedschad? Und welche ideologischen Grundsätze bestimmen sein rigides politisches Handeln?

Von Peter Philipp

​​Der 49-jährige Sohn eines Schmiedes aus dem Ort Garmsar, unweit von Teheran, hat es weit gebracht: Er wurde Dozent an der technischen Universität von Teheran, Oberbürgermeister der iranischen Hauptstadt und im Juli ging er aus dem zweiten Wahlgang der Präsidentschaftswahlen als Überraschungssieger hervor.

Seitdem schockt er die Welt mit anti-israelischen und anti-jüdischen Erklärungen, treibt die Konfrontation in der Atomfrage weiter voran und frustriert die iranische Bevölkerung, die miterleben muss, wie ihr Land immer mehr in eine neue Isolation gerät.

Als Hardliner bekannt

Die Iraner hätten sich das eigentlich denken können, als sie Ahmadinedschad wählten. Denn so wenig der Mann auch bislang bekannt gewesen war - seine Vergangenheit und seine radikale Grundeinstellung waren im Iran kein großes Geheimnis.

Zwar haben sich bisher keine Beweise gefunden, die seine Beteiligung an der Besetzung der US-Botschaft in Teheran oder auch - Jahre später - sein Mitwirken an der Ermordung iranischer Oppositioneller in Wien belegen würden.

Aber es ist bekannt, dass Ahmadinedschad sich nach der islamischen Revolution den Revolutionsgarden anschloss und dass er während des langen Iran-Irak-Krieges für eine Reihe von Geheimoperationen verantwortlich war. Und später - in der Rolle eines Gouverneurs - für die erbarmungslose Verfolgung von Regimekritikern.

Hoffnungsträger der Unterprivilegierten

Ahmadinedschad galt und gilt als Hoffnungsträger der Armen und Unterprivilegierten: Ihnen versprach er im Wahlkampf, mehr Zuwendung und bessere Lebensbedingungen und für sie ist er wohl auch weiterhin ein Vorbild: Ein Mann aus einfachen Verhältnissen, scheinbar nicht korrupt und ganz offenbar bescheiden – nur eben politisch, ebenso extremistisch, wie unerfahren.

Dies zeigte sich besonders deutlich, als er große Schwierigkeiten bekam, wichtige Ministerposten zu besetzen - darunter den des Ölministers. Ahmadinedschad hatte Unfähige nominiert und sogar das konservative Parlament lehnte ab. Kein Widerspruch war möglich, als der neue Präsident Gouverneure und Bankdirektoren ersetzte und die wichtigsten Diplomaten nach Hause rief.

Verbalattacken gegen Israel

Und gegen die öffentlichen Erklärungen Ahmadinedschads traute man sich nicht öffentlich zu äußern: Im Oktober ließ er wissen, Israel müsse von der Landkarte ausradiert werden. Wenig später prognostizierte Ahmadinedschad "den Sieg des Islam über Israel".

Als nächstes dann stellte er den Holocaust in Frage. Und er schlug vor, die Europäer - besonders Deutschland und Österreich - könnten den Juden doch einen Teil ihres Territoriums für einen Staat geben, wenn sie sich ihnen gegenüber wegen des "angeblichen Judenmordes" so verpflichtet fühlten.

Die weltweite Empörung war groß. Auch die palästinensische Führung distanzierte sich. Und in den arabischen Staaten wollte auch keine rechte Zustimmung aufkommen: Man hat sich längst verabschiedet von solchen Thesen, außerdem beginnt man, einen erstarkenden und vielleicht bald auch nuklear gerüsteten Iran zu fürchten.

Der Weg in die internationale Isolation

Die Atomfrage ist und bleibt ein wichtiger Aspekt in der Politik Ahmadinedschads: Der Präsident bestimmt zwar nicht die Richtung der Atompolitik und der Verhandlungen mit der EU, aber er spricht vielen Iranern aus dem Herzen, die sich durch den internationalen Druck ungerecht behandelt fühlen. Da kommen die Schock-Reden Ahmadinedschads gerade recht, um dem Ausland zu zeigen, dass der Iran sich nicht einschüchtern lässt.

Eine ebenso kurzfristige wie kurzsichtige Strategie: Denn der Iran gerät in eine Isolation, die dem Land in vielen Bereichen schwer schaden kann. Dem Präsidenten scheint dies gleichgültig: Er möchte das Rad der Geschichte am liebsten zurückdrehen auf die Tage nach der Revolution, als man auch weltweit isoliert war, aber noch versuchte, die Lehre des "wahren Islam" umzusetzen. Der weltliche Präsident ist in diesem Punkt radikaler als die meisten Mullahs vor ihm.

Peter Philipp

© DEUTSCHE WELLE/DW-WORLD.DE 2005

Qantara.de

Konflikt um iranisches Atomprogramm
Konfrontationskurs gegen den Westen
Mit seiner Kompromisslosigkeit im Atomstreit und seinen populistischen, radikalislamischen Ausfällen wächst die Kritik an der Außenpolitik des iranischen Präsidenten – auch in den Reihen der iranischen Konservativen. Von Bahman Nirumand

Irans Drohungen gegen Israel
Schlechtes Omen für Amtszeit von Ahmadinejad
Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinejad hat mit seinen israelfeindlichen Äußerungen weltweit für Empörung gesorgt. Damit schadet er vor allem seinem Land, meint Peter Philipp in seinem Kommentar.

Hundert Tage Mahmoud Ahmadinejad
Zwischen Wahlversprechen und politischer Realität
Kampf gegen die Armut und eine gerechtere Verteilung der Erdölreserven – so lauteten die Wahlversprechen Mahmoud Ahmadinejads. Der iranische Exiloppositionelle Faraj Sarkohi zweifelt, dass diese Versprechen eingehalten werden können.

Iranische Frauen und Präsident Ahmadinejad
"Wir können nicht optimistisch sein"
Nicht nur in der westlichen Welt hat die Wahl Ahmadinejads zum iranischen Staatspräsidenten Beunruhigung ausgelöst. Auch viele iranische Frauen fragen sich, ob er Khatamis Versuche, einige politische und soziale Freiheiten einzuführen, wieder zunichte machen wird. Von Jamsheed Faroughi