Bauen im Kontext

Eine Architekturausstellung in den ifa-Galerien Berlin und Stuttgart zeigt Werke des Jerusalemer Künstlers, Kalligraphen und Architekten Rasem Badran. Youssef Hijazi stellt ihn vor.

Justizpalast, Riad (Saudi-Arabien), 1984-1992, © Dar Al-Omran
Die Addition und Verschachtelung von Kuben - wie beim Justizpalast in Riad, Saudi-Arabien - ist Rasem Badrans Markenzeichen

​​"Nomen est Omen" sagt ein Sprichwort, und dies gilt für Rasem (deutsch: der Maler) allemal, denn Rasem Badran ist mit Stift und Pinsel aufgewachsen.

Sein Vater war der berühmte palästinensische Kalligraph und Graphiker Jamal Badran (1909-1999), der in den Jahren 1929 und 1969 die Kalligraphien und die Wand- und Deckengemälde der Felsendom-Kuppel in Jerusalem restaurierte.

Sein Sohn Rasem arbeitete in seinem Jerusalemer Atelier und später in Ramallah mit. Er gewann als Kind mit zwölf Jahren in Indien seinen ersten Preis für Malerei. Nachdem ein Flugzeug seine Begeisterung geweckt hatte, wollte er zunächst Raumfahrtingenieur werden. In Deutschland entschied sich der talentierte Zeichner jedoch dann für ein Architekturstudium, und schloss Anfang der 70er Jahre sein Studium an der TH Darmstadt ab.

Er arbeitete zunächst in Deutschland (Wohnbausystem "Elementa 1972" in Bonn), bevor er im selben Jahr nach Ramallah zurückkehrte und ein Jahr später nach Amman umzog, wo er sein Architekturbüro "Dar Al-Omran" [das Bauhaus] gründete. Heute gehört Badran ohne Zweifel zu den bedeutendsten Architekten der arabischen Welt.

Die Ausstellung für die ifa-Galerien in Berlin und Stuttgart konzipierte Badran selbst und entwarf die hierfür benötigten Stellwände – Entwurfsmodelle sind hier ebenfalls zu besichtigen. Die ausgestellten Projekte stellen eine Auswahl aus dem Lebenswerk Badrans dar und bilden eine Art Retrospektive vom Schaffen des vielseitigen Künstlers.

Diese beginnt mit der Malerei. Zunächst ist der Mensch sein Motiv, später die Natur und schließlich Maschinen. Die Ausstellung zeigt menschliche Körperteile - Hände und Gesichter - aus der Anfangsphase, dann Bäume und Landschaften sowie Phantasieflugkörper und schließlich realisierte Architektur und Städtebauprojekte. Vor allem wunderschöne Handskizzen und Aquarelle, aber auch einige Modelle und Photos sind zu besichtigen.

Einbetten in die Topographie

Auf dem Welt-Architektur-Kongress in Berlin im Jahr 2002 wurde Rasem Badran von einem Kollegen, der am Wettbewerb zum Bau des neuen ägyptischen Museums in Ägypten teilnahm, um seine Meinung zu seinem Entwurf gebeten. Der Architekt Badran schaute sich die Entwurfsskizzen an und meinte, die Geschichte, die Landschaft und der Sand seien für den Ort sehr prägend, er solle versuchen die Gebäude in die vorhandene Topographie einzubetten …

Diese Bemerkung beschreibt vielleicht die Grundeinstellung Badrans zum Planen und Bauen. Einbetten bedeutet für den einfühlsamen Architekten, das Neue in die gegebene Topographie bzw. Stadtstruktur zu integrieren, aber auch in die historische und soziale Struktur.

Man kann es vielleicht unter "Bauen im Kontext" zusammenfassen. Er begreift das Haus als einen Knotenpunkt im Geflecht eines Stadtteils und ebenso wiederum den Stadtteil in der gesamten Stadt.

Badrans Entwürfe gründen auf einem Dreieck, dessen Seiten für Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft stehen. Er studiert die Geschichte des Ortes und stellt sich die zukünftige Entwicklung vor, um in der Gegenwart anzukommen. Die sozialen, kulturellen und ökologischen Aspekte fließen in seine Arbeiten mit ein.

Dies gilt sowohl für Einfamilienhäuser (Haus Handal, Amman) wie für den Siedlungsbau (Fuhaissiedlung, Jordanien). Dabei scheint die Poesie seines Geburtsortes in all seinen Arbeiten präsent zu sein. Die Addition von Kuben, ihre Staffelung und Verschachtelung sind immer wiederkehrende Formen. Dies verleiht größeren Bauten eine gewisse Bescheidenheit und fügt sie in ihre Umgebung ein (Große Moschee, Bagdad).

Verbindung von Tradition und Moderne

Die optische Verbindung zwischen den Räumen bzw. Häusern entsteht mittels Durchbrüchen und Blickachsen. Plateaus, Treppen und der Straßenfluss schaffen öffentliche und halböffentliche Räume und laden zum Verweilen ein. Die Luftbewegung und der Lauf der Sonne werden genutzt, um ein gesundes Wohnumfeld zu erzeugen (Wohnhäuser Wadi Bou Jmil, Beirut).

Badran verbindet Tradition und Moderne mit einer Selbstverständlichkeit, die aus ihm einen authentischen Künstler und einen ausgezeichneten zeitgenössischen arabischen Architekten macht, der die Orte, die er plant, mit Leben erfüllt und deren Geschichte er neu schreibt.

Rasem Badran, 1945 in Jerusalem geboren, studierte in den 1960er Jahren Architektur in Darmstadt und lebt und arbeitet zurzeit in Amman, Jordanien. Seine Bauwerke stehen in vielen arabischen Ländern, u.a. in Jordanien, Saudi Arabien, Katar, Syrien, Libanon. Er erhielt bereits viele Preise, darunter den Aga Khan Award for Architecture.

Youssef Hijazi

© Qantara.de 2005

Qantara.de
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Mehr über Rasem Badran auf der Website des ifa-Instituts