Dialog über Terrorismus

"Terrorismus – gesehen durch die Medien", dies war das Thema eines Seminars für deutsche und marokkanische Journalisten, Akademiker und Politiker. Antje Vollmer berichtet über die Ergebnisse.

Von Peter Philipp

​​Auf Einladung der Deutschen Botschaft in Marokko und der marokkanischen Nachrichtenagentur MAP kamen dieser Tage in Rabat Journalisten, Akademiker und Politiker beider Länder zusammen, um über das Thema "Terrorismus – gesehen durch die Medien" zu diskutieren.

Wenn sich auch die Betrachtungsweise des Terrorismus zwischen Einheimischen und Gästen weiterhin grundsätzlich unterscheidet, so schien man sich doch näher gekommen zu sein als noch vor einem Jahr, als ein ähnlicher Kreis zum ersten Mal zu diesem Thema zusammengefunden hatte.

Vor einem Jahr sei es eher eine Sensation gewesen, dass man überhaupt über das Thema diskutiert habe, meint Antje Vollmer, Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, die als prominenteste deutsche Vertreterin an dem Seminar teilnahm. Die Atmosphäre habe sich normalisiert und die Teilnehmer hätten stärker den Wunsch mitzudiskutieren.

Ein deutlicher Unterschied ist, dass die westlichen – und da auch die deutschen – Medien die Ursachen des islamistischen Terrors in den jeweiligen Gesellschaften selbst suchen: In der sozialen Notlage, der Arbeits- und Perspektivlosigkeit.

Die arabischen Medien hingegen folgen meist eher der Linie ihrer jeweiligen Regierungen, die den Terrorismus als ein ideologisches Phänomen darstellen, das seine Anhänger im Heer derer rekrutiert, die gegen amerikanische und israelische Arroganz protestieren.

Wandel in Sicht

Waren solche Meinungen bei der Tagung noch im Publikum und auch bei Referenten zu hören, so scheint sich doch ein Wandel anzubahnen, glaubt Antje Vollmer:

"Gerade in den Gesprächen mit den Religionsgelehrten habe ich immer gefragt: 'Gibt es nicht auch eine eigene Wurzel in dieser Gesellschaft?' Und ich sehe, dass darüber verstärkt nachgedacht wird. Also über die Armut, die aufklaffende Schere zwischen den Reichen und den Armen, über die nicht offene Austragung von Debatten. Zum Beispiel hat einer der Wissenschaftler gesagt: Genau das brauchen wir – offenen Streit auch über religiöse Fragen ..."

Bei ihren Gesprächen in Marokko fand Antje Vollmer eine wachsende Zufriedenheit darüber, dass der König in zunehmendem Maße als Autorität auch auf religiösem und gesellschaftlichem Gebiet auftritt und sich dort auch immer öfter gegen radikale islamistische Tendenzen durchsetzt.

Ein Beispiel hierfür sei das neue Familienrecht, das ohne die Entschlossenheit des Königs sicher nicht verabschiedet worden wäre, nun aber den marokkanischen Frauen doch eine Reihe bisher unbekannter Rechte einräumt. Der König bestimmt so auch in religiösen Fragen immer öfter die Richtung. Also ein eigener marokkanischer Weg?

"Das war ja genau oft meine Frage", entgegnet Antje Vollmer. "Denn der Ansatz der Islamisten als Ideologen ist ja quasi ein internationaler. Das ist eine Imperiumsidee. Und dem gegenüber würde natürlich eine Differenzierung – nämlich das sich Berufen auf die eigene Tradition – eine Menge bringen. Und die Gesprächspartner, die ich hatte, also die oberen Eliten, sind, glaube ich, sehr stark gewillt, diesen eigenen Weg zu gehen und damit dann auch die Auseinandersetzung mit anderen Interpreten des Korans anzunehmen."

Hilfe von Europa

Eine wichtige Rolle spielten bei all dem die Frauen. So wie schon in Algerien würden sie letztlich auch in Marokko bestimmen und den Gang der Dinge beeinflussen. Und das neue Familienrecht ermutige die Frauen erst noch dazu.

Auf die Frage, welche Rolle Europa bei all dem spielen kann, entgegnet Vollmer: "Von Europa erwartet man so etwas wie einen dritten Weg, das heißt Dialog, Verständnis, Unterstützung, Einladungen, Stipendien. Man darf ja nicht übersehen: Wenn hier 85 Prozent der jungen Leute das Land verlassen wollen, dann heißt das, sie haben hier keine Perspektive. Gerade die Intelligenten und Kreativen. Oder noch nicht. Und da erwartet man, dass Europa Hilfestellung leistet. Da gingen früher immer alle Antennen nach Amerika, aber das ändert sich ein bisschen".

Peter Philipp

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