Positive Zwischenbilanz des Wiederaufbaus

"Stabilitätspakt Afghanistan" heißt ein Sonderprogramm des Auswärtigen Amtes, mit dem die Entwicklung des Hochschulwesens in Afghanistan gefördert werden soll. Auf einer Konferenz in Berlin wurde nun Zwischenbilanz gezogen. Sabine Ripperger berichtet.

"Stabilitätspakt Afghanistan" heißt ein Sonderprogramm des Auswärtigen Amtes, mit dem die Entwicklung des Hochschulwesens in Afghanistan gefördert werden soll. Auf einer Konferenz in Berlin wurde nun Zwischenbilanz gezogen. Sabine Ripperger war dabei.

Studentinnen vor der Universität von Balkh, die sich immatrikulieren möchten; Foto: AP
Während der Anteil der weiblichen Studierenden in der Lehrerausbildung in Kabul bei 40 Prozent liegt, gibt es in anderen Städten bisher keine Studentinnen

​​Nach Jahrzehnten des Krieges wird der Wiederaufbau in Afghanistan weltweit mit großer Aufmerksamkeit verfolgt. Die künftige politische und gesellschaftliche Elite, die den Wiederaufbau fortsetzen und konsolidieren muss, wird ihrer Aufgabe jedoch nur in dem Maße gewachsen sein, wie sie mit dem nötigen Rüstzeug dafür ausgestattet ist. Für die nachhaltige Entwicklung des Landes ist deshalb der akademische Wiederaufbau von zentraler Bedeutung.

Das Auswärtige Amt hatte daher ein Sonderprogramm "Stabilitätspakt Afghanistan" ins Leben gerufen, in dem der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) seit 2002 den akademischen Wiederaufbau koordiniert und gemeinsam mit deutschen Hochschulen durchführt.

Auf einer dreitägigen Konferenz wurde dieser Tage (1. bis 3.7.2005) in Berlin eine Zwischenbilanz der bisherigen Aktivitäten gezogen und im Dialog mit führenden Vertretern des afghanischen Hochschulwesens die weitere Zusammenarbeit erörtert.

Aus der Isolation holen

Was als Soforthilfe begann, ist mittlerweile zur gezielten Förderung geworden: Sommer- und Winterakademien für afghanische Hochschuldozenten, mit dem Ziel, Grundlagenwissen innerhalb bestimmter Fachbereiche im Laufe von vier Wochen zu vermitteln, waren die ersten Schritte, wie Alexander Kupfer vom Deutschen Akademischen Austauschdienst erläutert:

"Man muss sich vor Augen führen, dass in Afghanistan eine 25-jährige Isolation von der Entwicklung der Fachbereiche stattgefunden hat und natürlich ein erheblicher Nachholbedarf bestand. Gleichzeitig sollte im Rahmen dieser Akademieaufenthalte an deutschen Hochschulen auch vorgeführt werden, welche technischen Neuerungen es in den Fachbereichen gegeben hat."

Auch die Überlegung, welche fachwissenschaftlichen Geräte zu dem damaligen Zeitpunkt in Afghanistan angeschafft werden sollten, stand auf der Tagesordnung der Akademien für die afghanischen Dozenten, so Kupfer.

Diese Sommerakademien seien deshalb auch immer mit einer Sachspendenpauschale verbunden gewesen, so dass die afghanischen Dozenten dann Geräte, Computer, Laborbedarf, Literatur und ähnliches mit nach Afghanistan nahmen, sofern sie nicht verschickt wurden.

Entwicklung neuer Lehrpläne

Nach dieser ersten Phase im Jahr 2002 - wurden Schwerpunkte gesetzt. Die Entscheidung, welche Fächer und Bereiche vorrangig gefördert und unterstützt werden sollten, wurde dann in Abstimmung mit der afghanischen Seite getroffen.

Insbesondere Naturwissenschaften, Geowissenschaften, Wirtschaftswissenschaften, Mathematik, Informatik sowie deutsche Sprache, Literatur und Landeskunde standen im Vordergrund. In diesen Fächern werden neue Lehrpläne entwickelt, die fortlaufend umgesetzt werden.

Auch durch Gastdozenturen deutscher Wissenschaftler in Afghanistan, durch Studienaufenthalte und Forschungskurzzeitaufenthalte afghanischer Wissenschaftler in Deutschland und durch die Fortführung des Sachspenden-Programms etwa werde die Qualitätsverbesserung in diesen Schwerpunktfächern angestrebt, berichtet Kupfer.

Hinzu kamen viele praktische Hilfen zum Wiederaufbau des Lehrbetriebs: So wurde an der Universität Kabul in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Berlin und dem DAAD das erste Rechenzentrum des Landes eingerichtet. Ebenso haben beide gemeinsam eine Abteilung für Informationstechnologie an der Universität Herat gegründet.

Anstieg der Studentenzahlen

Der afghanische Hochschulminister, Sayed Amir Shah Hasanyar, erinnerte die Konferenzteilnehmer in Berlin an die Wurzeln der deutsch-afghanischen Partnerschaft im Bildungsbereich, die bis ins Jahr 1957 zurückreichen. In den Jahrzehnten des Krieges und besonders in den Jahren 1992 bis 1997 sei der Hochschulbetrieb fast zerstört worden.

Im neuen Afghanistan müsse nun alles von vorne beginnen, aber man habe in den zurückliegenden drei Jahren schon Fortschritte gemacht. So habe es im Jahr 2002, als die Hochschulen wieder geöffnet worden waren, 4.000 Studenten gegeben, jetzt seien es 40.000.

"Wenn unser langfristiger Plan aufgeht, werden wir in zehn Jahren 100.000 Studenten haben. Wir brauchen dann 5.000 Dozenten. Jetzt haben wir rund 2.000 Professoren, brauchen also weitere 3.000 neue", so der afghanische Hochschulminister.

Mehr Chancen für Frauen

Im Jahr 2002 lag die Zahl weiblicher Studenten in Afghanistan noch bei Null, wie Sayed Amir Shah Hasanyar darlegte. Inzwischen seien es bereits 8.000 Studentinnen und 15 Professorinnen.

Aber während beispielsweise der Anteil der weiblichen Studenten in der Lehrerausbildung insbesondere in Kabul sogar bereits etwa 40 Prozent betrage, finde man in Kandahar oder Khost noch immer keine weiblichen Studenten. Den Frauen müssten mehr Chancen gerade in der Bildung eingeräumt werden, damit ihre Zahl auch in der Regierung, in den Büros und Fabriken zunehme.

Eine wichtige Aufgabe bestehe vor allem darin, die Bildung von der Hauptstadt Kabul ins Land zu tragen. Deshalb seien langfristige Partnerschaftsprogramme besonders wichtig.

Und während es früher nur eine Universität in Afghanistan gab, sind es jetzt 19 Hochschuleinrichtungen. Gute partnerschaftliche Beziehungen gibt es beispielsweise zwischen den Universitäten Bonn und Herat, Köln und Kandahar sowie der Technischen Universität Berlin und Djalalabad.

Darüber hinaus unterstützt der DAAD die Verfassung eines Hochschulrahmengesetzes und exemplarischer Hochschulstatuten sowie die Gründung der Afghanischen Rektorenkonferenz.

Sabine Ripperger

DEUTSCHE WELLE/DW-WORLD.DE 2005

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Deutscher Akademischer Austausch Dienst (DAAD)