Neuer Anlauf für Nahost-Friedensprozess

Erstmals seit dem Tode Arafats haben Israel und die palästinensische Autonomiebehörde auf Ministerebene miteinander gesprochen. In Den Haag traf sich Israels Außenminister mit dem palästinensischen Chef-Unterhändler.

EU-Ratsvorsitzender Bernard Bot, Foto: AP
EU-Ratsvorsitzender Bernard Bot

​​Zwar liegen die Regierungssitze Israels und der Palästinenser in Jerusalem beziehungsweise Ramallah nur 15 Autominuten von einander entfernt, trotzdem mussten der israelische Außenminister Silvan Schalom und der palästinensische Chef-Unterhändler Nabil Schaath mehrere tausend Kilometer nach Den Haag fliegen, um sich persönlich zu treffen.

Mit einer kurzen Begegnung nach Vermittlung durch den amtierenden niederländischen EU-Ratsvorsitzenden Bernard Bot haben die beiden Kontrahenten das Eis nach vielen Monaten des Schweigens gebrochen.

Diesen Eindruck versuchte der israelische Außenminister auf seiner Pressekonferenz zu vermitteln. "Wir waren uns einig, dass wir jetzt ein Fenster, wenn nicht gar eine Tür aufstoßen können zu neuen Möglichkeiten", sagte Schalom und ergänzte:

"Ich glaube, wir haben in dieser neuen Ära die Aussicht, eine pragmatische, verantwortungsvolle und gemäßigte palästinensische Führung zu bekommen. Es ist sehr wichtig, jetzt Worte und Taten folgen zu lassen."

Ermutigende Signale

Der EU-Ratsvorsitzende Bot betonte, er habe von Israelis und Palästinensern in getrennten Sitzungen sehr ermutigende Signale. Man müsse den internationalen Friedensplan, die "Road map" jetzt weiter Schritt für Schritt verfolgen. Bot sprach nicht nur von einem Fenster oder einer Tür zu neuen Möglichkeiten, sondern gleich von einer Avenue, einer breiten Prachtstraße zum Friedensprozess.

Er warnte aber auch vor zu viel Euphorie: "Ich bin vorsichtig optimistisch. Ich beschäftige mich seit 30 Jahren mit den Problemen im Nahen Osten und bin deshalb vorsichtig. Alles was ich gesagt habe ist, dass es ein Fenster oder eine Avenue der Möglichkeiten gibt."

Die neue EU-Kommissarin für Außenbeziehungen, Benita Ferrero-Waldner, sagte, die EU wolle alles tun, um die Wahlen in den Palästinenser-Gebieten am 9. Januar zu einem Erfolg zu machen. Sie entsendet eine Beobachter-Mission und finanziert die Organisation der Wahlen mit 14 Millionen Euro.

Insgesamt unterstützt die EU die Palästinenser-Behörde und humanitäre Einrichtungen in diesem Jahr mit 250 Millionen Euro. "Ich fordere Israel auf, die Bewegungsfreiheit der Wähler zu garantieren", erklärte Ferrero-Waldner. "Das ist der sehr wichtige nächste Schritt."

Israelische Zusage und Forderung

Der israelische Außenminister Schalom sagte zu, dass jeder Wähler in den Palästinenser-Gebieten, die Möglichkeit haben werde, sein Wahl-Lokal zu erreichen. Die Wähler in Ost-Jerusalem sollen wahrscheinlich per Briefwahl den neuen Präsidenten der Palästinenser-Behörde bestimmen.

Schalom bestätigte, dass Israel ohne Vorbedingungen zu einem Gipfel-Treffen zwischen dem israelischen Regierungschef Ariel Scharon und PLO-Chef Mahmud Abbas bereit sei, auch vor den Wahlen. Man verlange jedoch, dass die Palästinenser-Behörde alles tue, um Selbstmord-Attentate zu verhindern.

"Wenn es eine Terror-Attacke geben würde, dann wäre das schlimm", betonte er. "Aber es wäre ein Unterschied, wenn sie (die Palästinenser) sehr ernsthaft versucht hätten, den Anschlag zu verhindern und wären nicht erfolgreich. Es liegt also bei ihnen, die strategische Entscheidung zu fällen, Terror und Gewalt zu beenden."

Zweites Treffen

Am Dienstag (30.11.) treffen sich Schalom und der palästinensische Unterhändler Schaath erneut, dann in der großen Runde mit den anderen Mittelmeer-Anrainer-Staaten und den Vertretern der 25 EU-Mitgliedsstaaten. Seit zehn Jahren unterhält die EU diesen Mittelmeer-Dialog und glaubt, trotz aller Rückschläge, einen wichtigen Beitrag zur Annäherung von Israelis und Palästinensern geleistet zu haben.

Bernd Riegert

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