Buchmesse mit Imageverlust
Bis Ende Januar trifft sich die arabische Buchwelt auf der Kairoer Buchmesse. Das gute Renommee der Messe bekomme immer mehr Kratzer, meinen arabische Intellektuelle.
Auf der zweitgrößten Buchmesse der Welt in Kairo werden wieder bis zu fünf Millionen Besucher erwartet. Obwohl die Kairoer Buchmesse dieses Jahr eine besondere Bedeutung hat, da die arabische Welt 2004 Ehrengast der Frankfurter Buchmesse sein wird, haben die ägyptischen Behörden die Ausstellungsdauer von ursprünglich 15 auf neun Tage gekürzt.
"Ich glaube, das ist zu wenig Zeit im Vergleich zu der großen Buchproduktion der Verleger, die sich für die Kairoer Buchmesse das ganze Jahr vorbereiten," sagt Mohammed Hashem, Geschäftsführer des Merit Verlags Kairo, eines der bedeutendsten Verlage für junge ägyptische Autoren. Hashem vermutet, dass die Verkürzung allerdings weniger mit dem Staatsverlag zu tun habe, als vielmehr mit dem Terminkalender des Präsidenten und der Agrar- und Industrie-Messe, die ihre Termine nicht verschieben dürfe. "Gegenüber dieser Messe hat die Buchmesse eine weitaus geringere Bedeutung," sagt Hashem.
Blick auf Europa gerichtet
"In der Tat hat diese Buchmesse eine besondere Bedeutung, nicht wegen des Zusammenbruches des irakischen Regimes, sondern weil die arabische Kultur dieses Jahr der Ehrengast der Buchmesse in Frankfurt sein wird," sagt der irakische Dichter Khaled Al-Maali. Er ist Inhaber des Al-Kamel Verlags in Köln, eines der wichtigsten Verlage für deutsch-arabische Literaturübersetzungen. Die Kairoer Buchmesse ist die wichtigste Buchmesse im arabischen Raum. Hier werde deshalb in diesem Jahr entschieden, was in Frankfurt zu sehen sein wird, meint Al-Maali.
Trotzdem dürfe man nicht den eigentlichen Zweck der Messe aus dem Blick verlieren: "Wir müssen uns um die Zukunft kümmern und nicht nur um die nächste Buchmesse. Wir müssen Übersetzungsverträge abschließen, arabische Bücher ins Deutsche übertragen und umgekehrt sowie wichtige Werke aus den anderen Weltsprachen übersetzen."
"Planlose Buchmesse"
Über die ungenaue Planung der Buchmesse dieses Jahr sagt der ägyptische Romancier Hassan Abdel Maugoud: "Ich glaube, diese Buchmesse wird nicht viel anders sein als in den vergangenen Jahren. Der Grund dafür ist, dass man jedes Jahr zu allgemein gefasste Schwerpunkte für die Debatten festlegt, wie zum Beispiel 'Globalisierung' und die 'Beziehung zwischen Ost und West'." Zudem würden viele Themen das Durcheinander und die Zerstreutheit illustrieren, die die ägyptische Kultur unter einem planlosen Ministerium erlebe. Die Verkürzung der Ausstellungszeit führe dazu, dass viele Verleger nicht teilnehmen konnten: Außerdem seien die Mieten für die Stände viel teurer geworden.
Maugouds Kritik geht weiter: "Letztes Jahr wurden Bücher aufgrund ihres angeblich pornographischen Inhalts beschlagnahmt. Aus diesem Grund wollten ihre Verleger dieses Jahr nicht mehr an der Buchmesse teilnehmen. Jedes Jahr erklärt man, dass Literaturnobelpreisträger zur Buchmesse kommen. Dieses Jahr hieß es, John Maxwell Coetzee würde kommen. Aber er wird bestimmt nicht auf dieser planlosen Buchmesse erscheinen."
Illusion eines pluralistischen Diskussionsforums
Der ägyptische Literaturkritiker Wael Abdelfattah meint, dass die Buchmesse ihre einstige Bedeutung als Forum für politische Diskussionen verloren hat: "Diese Buchmesse ist wirklich anders, weil sie ein Ende einer Phase darstellt, nämlich das Ende der kulturellen und politischen Rolle der Buchmesse. Der Grund dafür ist, dass die Regierung die Intellektuellen in ihren Apparat eingegliedert hat."
Die Regierung hätte früher versucht, durch die Buchmesse einen scheinbar pluralistischen Diskurs für ihre fünf Millionen Besucher anzubieten. Diese Rolle sei verloren gegangen, kritisiert Abdelfattah.
Ahmed Farouk, © DEUTSCHE WELLE/DW-WORLD.DE 2004
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