Wie umgehen mit den Kindern ausländischer Kämpfer?

Men wearing headbands with lower faces covered and holding guns in the bed of a pickup truck.
Ausländische Kämpfer waren für HTS eine wichtige Stütze. (Foto: Picture Alliance/AP Photo | G. Alsayed)

Tausende Kinder ausländischer Milizionäre und syrischer Mütter sind weiterhin staatenlos. Während die Regierung erwägt, Kämpfern die Staatsbürgerschaft zu gewähren, warten ihre Familien auf Klarheit.

Von Mayar Mohanna

Aida*, die 28-jährige Witwe eines ehemaligen ausländischen Kämpfers, wartet immer noch auf Antworten zum rechtlichen Status ihrer Kinder. Derzeit haben sie nicht einmal vorläufige Ausweispapiere in Syrien, dem einzigen Land, das sie kennen. Nach syrischem Recht können Frauen ihre Staatsangehörigkeit nicht an Kinder weitergeben, wenn der Vater Ausländer ist.

Vor zehn Jahren heiratete Aida einen usbekischen Kämpfer, der sich mit Hilfe der Hay'at Tahrir al-Scham (HTS) nach Syrien eingeschleust hatte. Das erste Treffen des Paares wurde von einer Frau arrangiert, die als Heiratsvermittlerin (khattaba) arbeitete und arme syrische Frauen suchte, um sie mit Kämpfern zu verheiraten. „Sie sagte, er sei freundlich und gut erzogen, und mein Vater stimmte sofort zu“, erzählt Aida, die heute in Idlib lebt. 

In den drei Jahren, in denen sie zusammenlebten, brachte Aida drei Kinder zur Welt, darunter Zwillinge. 2018 zog ihr Mann in den Krieg und kehrte nie zurück. Sie blieb ohne Heiratsurkunde und ohne Nachweis der Vaterschaft für ihre Kinder zurück, was ihr die Beschaffung von Ausweispapieren und die Einschulung ihrer Kinder unmöglich macht. 

„Bis heute kenne ich nicht einmal den richtigen Namen meines Mannes oder irgendetwas über seine Familie oder sein Land“, sagt sie. „Selbst meine Kinder erinnern sich nicht daran, wie er aussah.“ 

Jetzt, Monate nach dem Sturz Assads und der Machtübernahme durch HTS und verbündete Fraktionen, geht es Aida wie vielen syrischen Frauen, die Kämpfer geheiratet und ihre Ehemänner verloren haben: Sie hoffen darauf, dass ihre Kinder Anspruch auf die Staatsbürgerschaft haben werden. Derzeit gilt ihre Abstammung noch als unbekannt. 

Integration durch Heirat

Das neue Regime in Syrien hat das Gesetz, das Aidas Kinder staatenlos macht, bisher nicht geändert. Selbst in Idlib, wo die HTS zwischen 2017 und 2024 regierte, wurde diese Ungleichheit nicht beseitigt, so Hiba Ezzideen al-Hajji, Geschäftsführerin der Nichtregierungsorganisation Equity and Empowerment, die sich unter der Herrschaft von HTS in Idlib mit diesem Thema befasst hat. 

Es gibt keine offiziellen Statistiken darüber, wie viele Ehen zwischen syrischen Frauen und ausländischen Kämpfern geschlossen wurden, Schätzungen gehen von Tausenden aus. Im Jahr 2018 dokumentierte die syrische Nachrichtenseite Enab Baladi etwa 1.750 Ehen solcher Ehen. Dem Bericht zufolge hatten 1.124 dieser Frauen Kinder, insgesamt wurden 1.826 Kinder in diesen Ehen geboren. 

„In vielen Fällen kennen die Frauen die richtigen Namen ihrer Ehemänner nicht, sondern nur Spitznamen [die oft von historischen islamischen Persönlichkeiten übernommen wurden] wie Abu Hajar oder Abu Talha“, sagt al-Hajji. 

Die sogenannte Heilsregierung der HTS in Idlib begann zwar, vorläufige Ausweise für Kinder von Kämpfern auszustellen, doch die Zuständigkeit für die Dokumentation von Eheschließungen und Vaterschaft lag bei der Justizbehörde (Dar al-Kadaa). Diese Behörde führt detaillierte Aufzeichnungen über die Identität der Kämpfer, gibt diese jedoch nicht an zivilgesellschaftliche Organisationen weiter, was die rechtliche Anerkennung von Ehen erschwert. 

Einige Frauen waren gezwungen, sich an provisorische Gerichte in Städten wie Azaz oder Afrin zu wenden, wo sie aufgefordert wurden, unkonventionelle Beweise wie Fotos vorzulegen oder Augenzeug:innen zu präsentieren, um ihre Ehen zu bestätigen. Werden solche Beweise für die Ehe nicht vorgelegt, kann dies zu Vorwürfen des Ehebruchs führen, was schwerwiegende rechtliche und soziale Konsequenzen für die Frauen nach sich ziehen kann. 

Die Stigmatisierung der Ehefrauen von HTS-Kämpfern ist jedoch weniger hart als die der Ehefrauen und Kinder von IS-Kämpfern. Im Vergleich zum IS hielt sich die HTS vom zivilen Leben fern und genoss eine breitere gesellschaftliche Akzeptanz. 

„Am stärksten betroffen sind die Kinder selbst“, betont al-Hajji, „denn sie haben keine Papiere, keinen Zugang zu Bildung, keine Gesundheitsversorgung und kein Recht auf Freizügigkeit. Rechtlich gesehen existieren sie nicht. Wenn Frauen die Staatsangehörigkeit an ihre Kinder weitergeben dürften, würde dies allein schon ihre Grundrechte sichern und das Leid Tausender Frauen lindern.“ 

Hiba Ezzideen is the Executive Director of Equity and Empowerment (EE).
Hiba Ezzideen al-Hajji, Direktorin von Justice and Empowerment, arbeitet zu sozialer Gerechtigkeit in Syrien und den Nachbarländern. (Foto: Privat)

Der Weg der Dschihadisten nach Syrien

Der Zustrom ausländischer Kämpfer nach Syrien begann mit dem Aufkommen dschihadistischer Bewegungen um 2012. Ihre Zahl stieg sprunghaft an, nachdem der IS 2014 sein Kalifat ausgerufen hatte, erklärt Hossam Jazmati, ein auf dschihadistische Bewegungen spezialisierter Journalist, gegenüber Qantara.

Laut Jazmati war das Hauptmotiv für den Zustrom „religiöser Eifer“ als Folge der brutalen Niederschlagung der Proteste durch das Assad-Regime, die in der arabischen und islamischen Welt große Sympathie hervorgerufen hatten. Religiöse Führer begannen, Fatwas zu erlassen, in denen der Dschihad in Syrien zur religiösen Pflicht erklärt wurde. Diesem Aufruf folgten Kämpfer aus Ostasien, Nordafrika und sogar Europa, die in Scharen in das Land strömten. 

Einige Kämpfer kamen allein, andere brachten ihre Familien mit und bildeten eigenständige Gemeinschaften. Jazmati merkt an, dass viele mit kulturellen und sprachlichen Barrieren zu kämpfen hatten und sich oft in isolierten Enklaven wie dem Lager für französischsprachige Kämpfer oder den uigurischen Vierteln in der Provinz Idlib niederließen. Andere entschieden sich aus religiösen und sozialen Gründen, syrische Frauen zu heiraten. 

Eine Geste der Dankbarkeit

Im Mai kündigte der syrische Interimspräsident Ahmed al-Scharaa an, dass seine Regierung nach der Verabschiedung einer neuen Verfassung die Einbürgerung ausländischer Kämpfer in Betracht ziehen werde, die sich in lokale Gemeinschaften integriert, syrische Frauen geheiratet und Kinder gezeugt haben. Die Ankündigung löste eine breite öffentliche Debatte aus. 

Laut Jazmati kann dieser Vorschlag als Versuch des neuen Regimes verstanden werden, sich bei seinen ausländischen Verbündeten für deren Unterstützung zu revanchieren. Al-Scharaa, ehemaliger Anführer der HTS, hatte bereits im Dezember die Auflösung aller Oppositionsfraktionen erklärt und sie unter dem Dach des Verteidigungsministeriums zusammengeführt.

Im Juni gab die USA der syrischen Übergangsregierung grünes Licht für die Aufnahme von etwa 3.500 ausländischen Kämpfern, vor allem Uiguren und Kämpfern aus Nachbarländern, in die syrische Armee. Eine Einbürgerung soll folgen. 

Jazmati fügt hinzu, dass der Fokus auf die Einbürgerung der Uiguren auf die langjährige Allianz der HTS mit der Islamischen Turkestan-Partei zurückzuführen ist, deren Mitglieder in wichtigen Schlachten gekämpft haben. Er merkt weiter an, dass viele in Syrien mit den Uiguren sympathisierten, die vor religiöser Verfolgung in China geflohen waren und eine neue Heimat suchten, in der sie ihre Religion sicher ausüben konnten. Wichtig ist, dass die Gruppe international nicht als terroristisch eingestuft ist. 

„Grenzüberschreitende dschihadistische Ideologie“

Trotzdem äußern Menschenrechtler:innen Bedenken hinsichtlich der Motive hinter den Einbürgerungsplänen. Der syrische Anwalt und Menschenrechtsaktivist Jalal al-Hamad warnt: „Wenn das Ziel darin besteht, diese Personen vor der Strafverfolgung zu schützen oder ihnen Straffreiheit zu gewähren, ist dies eine eklatante Rechtsverletzung.“

Er verweist auf Berichte über die Beteiligung einiger Kämpfer an Misshandlungen – auch nach dem Sturz des Regimes, insbesondere im März in den Küstengebieten Syriens. „Die Staatsbürgerschaft sollte in einem transparenten Verfahren auf der Grundlage gesellschaftlicher Integration und rechtmäßigen Verhaltens gewährt werden und nicht als politische oder militärische Belohnung hinter verschlossenen Türen.“

Jalal Alhamad Syrian Activist. (Photo: Private)
Der syrische Anwalt und Menschenrechtsaktivist Jalal al-Hamad befürchtet, dass die Verleihung der Staatsbürgerschaft an ausländische Kämpfer diese vor Strafe schützen soll. (Foto: Privat)

Wahaj Azzam, Chefredakteur der Nachrichtenplattform Al-Dalil, sprach sich ebenfalls gegen den Vorschlag aus und argumentierte, dass dies die Idee des Nationalstaates und die Möglichkeit, ein in der nationalen Identität verwurzeltes Militär aufzubauen, untergrabe. „Diese ausländischen Kämpfer kamen mit einer grenzüberschreitenden dschihadistischen Ideologie, die das Konzept des Staates nicht einmal anerkennt“, sagt er. 

Er warnt davor, dass eine Einbürgerung sie ohne jegliche Rechenschaftspflicht in das politische und gesellschaftliche Gefüge Syriens einbinden und damit eine Kultur der Straflosigkeit weiter festigen würde. Dennoch besteht er darauf, dass ihre Kinder, die in Syrien von syrischen Müttern geboren wurden, Bürgerrechte und rechtliche Anerkennung verdienen. 

Unterdessen wartet Aida weiter. „Mein Ältester ist neun Jahre alt und geht nicht zur Schule“, sagt sie. „Ich habe lokale Scheichs und Kommandeure angefleht, mir bei der Anmeldung meiner Kinder zu helfen, aber bisher hat sich nichts geändert.“

 

*Name wurde geändert.

Dieser Text ist eine bearbeitete Version des arabischen Originals. Aus dem Englischen übersetzt von Ronja Grebe.

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