Schaltstelle zwischen Abschottung und Integration
Seit Jahren engagiert sich das Bildungs- und Fortbildungszentrum muslimischer Frauen Köln e.V. durch Beratung und Bildung für die Integration von Migrantinnen. Jetzt wurde das Frauenzentrum mit einem Preis für Toleranz und Integration ausgezeichnet, wie Raida Chbib berichtet.
Toleranz ist keine Selbstverständlichkeit – das erfahren die Mitarbeiterinnen des Bildungs- und Fortbildungszentrum muslimischer Frauen Köln e.V. (BFmF) immer wieder, wenn es um ihr Frauenzentrum geht. Nicht nur außen stehende Beobachter werden skeptisch, wenn sie von einem Selbsthilfeverein hören, in dem sich muslimische Frauen hinter verschlossenen Türen treffen, um diverse Angebote wahrzunehmen.
Für Multikulturalität und Unterstützung muslimischer Frauen
Manche Muslime, einige selber in türkisch oder arabisch geprägten Vereinen organisiert, oft Männer, sehen es nicht gern, wenn muslimische Frauen selbständig ihr "eigenes Ding drehen".
Das BFmF ist anders, als es Muslime von ihren meisten Vereinen gewohnt sind: Erstens wird der Verein ausschließlich von Frauen geleitet. Hinzu kommt zweitens die multikulturelle und ethnische Zusammensetzung seiner Besucherinnen, Mitarbeiterinnen und Mitglieder.
Ferner sind drittens die Öffnung zur Gesellschaft sowie Toleranz gegenüber anders denkenden Mitbürgern und Muslimen weitere Besonderheiten des Zentrums. Letzteres griff die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung Marie-Luise Beck auf, indem sie in ihrer Rede anlässlich der Preisverleihung des Bündnisses für Demokratie und Toleranz darauf verwies, dass sich im BFmF Frauen mit und ohne Kopftuch aus unterschiedlichen Herkunftsländern zusammenfinden.
Das BFmF wurde für seinen besonderen Einsatz für die Integration von Musliminnen in die Gesellschaft und den Abbau von Vorurteilen neben zwei weiteren Kölner Initiativen vom Beirat des Bündnisses als "besonders vorbildlich" ausgewählt. Der mit 2000 Euro dotierte dritte Preis für den Wettbewerb "Aktiv für Demokratie und Toleranz" wurde der Leiterin Erika Theissen am 19.4.2004 im historischen Rathaus in Köln von der Integrationsbeauftragten und dem Oberbürgermeister Fritz Schramma überreicht.
Probleme von Musliminnen in der Arbeitswelt
Dem muslimischen Frauenzentrum stattete Frau Beck im Anschluss an die Preisverleihung einen langen Besuch ab, wo sie sich in ausführlichen Gesprächen mit der Leitung und einigen Mitarbeiterinnen ein Bild davon machen konnte, wie kompliziert sich diese Integrationsarbeit gestaltete.
So sei es seit der Kopftuchdebatte immer schwieriger, muslimische Frauen in die Arbeitswelt zu vermitteln, erklärte ihr Türkan Öztoprak, die unter anderem für die Berufsberatung und Stellenvermittlung zuständig ist.
Stellenanzeigen, die den deutlichen Verweis darauf enthielten, dass Bewerbungen von Frauen mit Kopftuch nicht berücksichtigt werden, führte sie ihrem sehr interessierten Gast unter anderem als einen Beweis an. Diese Anzeigen könne man in letzter Zeit immer häufiger finden. Immer mehr Frauen sähen sich daher gezwungen, für eine Stelle auf ihr Kopftuch zu verzichten.
Dieser Druck, der viele in Gewissensnöte bringt oder diskriminiert, kann aus der Sicht des BFmF nicht gerecht sein. Schließlich möchte der Frauenverein zwar die Musliminnen darin bestärken, sich als Teil der Gesellschaft zu begreifen und zu verhalten, aber unter Wahrung ihrer religiösen Identität.
Insofern ist die Arbeit des Zentrums eine Schaltstelle zwischen Rückzug und Integration. Die Methode des Rückzugs in eine geschlossene "Frauenoase" wird deshalb gewählt, um dort den Frauen das nötige Rüstzeug zu geben, das sie brauchen, um erfolgreich innerhalb der Gesellschaft mitwirken zu können: Selbstbewusstsein statt Identitätsverlust, Sprachkenntnisse und Bildung.
Raida Chbib, © Qantara.de 2004
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