Begrenzte Spielräume

Trotz der auf dem letzten Baath-Parteitag versprochenen innenpolitischen Reformen werden die Medien in Syrien nach wie vor mit eiserner Hand regiert. Götz Nordbruch berichtet

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Die Partei hat immer recht... auch was die politisch korrekte Ausrichtung der Medien im Land angeht - Präsident Assad auf dem letzten Baath-Parteitag in Damaskus

​​Wenige Tage nach der mit großen Erwartungen verbundenen Konferenz der Baath-Partei, die Anfang Juni in Damaskus stattfand, erhielten die Hoffnungen auf eine Liberalisierung der syrischen Medienpolitik einen spürbaren Dämpfer.

Mit Beschluss des Premierministers wurde der Wochenzeitung al-Mubki, ähnlich wie bereits zuvor der populären Satirezeitung al-Dumari, die Zeitungslizenz entzogen.

Maulkorb für staatskritische Presse

In einer Erklärung begründete ein Sprecher des Informationsministeriums die Entscheidung mit einem Verstoß gegen die Bestimmungen, die der Zeitung bei der Lizenzerteilung auferlegt worden seien.

Mit einem Artikel über Korruptionsvorwürfe gegen den Gouverneur von Homs habe die Zeitung, deren Zulassung sich auf gesellschaftliche, also ausdrücklich auf nicht-politische Themen beschränkte, ein Thema behandelt, das von den inhaltlichen Vorgaben der Zeitungslizenz nicht gedeckt sei. Bereits nach sechzehn Ausgaben musste al-Mubki das Erscheinen schließlich wieder einstellen.

Der Zeitpunkt der Entscheidung wirft nicht nur für die direkt Betroffenen zahlreiche Fragen auf. Sie steht im Widerspruch zu den vorsichtigen Reformempfehlungen, die während des Kongresses beschlossen wurden. Neben einer Neuformulierung des Parteiengesetzes zählte hierzu auch der Vorschlag, einen Medienrat einzusetzen und das erst 2001 beschlossene Pressegesetz zu überarbeiten.

Trotz einer Lockerung der staatlichen Kontrolle, von der die ersten Monate nach der Amtsübernahme von Bashar al-Assad im Sommer 2000 gekennzeichnet waren, fiel das 2001 neu formulierte Pressegesetz hinter den Erwartungen zurück, die von Journalisten gehegt wurden.

Angesichts der deutlichen Verschärfungen der Geld- und Haftstrafen, die nun bei Verstößen gegen das Gesetz drohen, handele es sich bei dem neuen Gesetz eher um ein Pressestrafrecht, lautet eine Einschätzung, die von vielen geteilt wird.

Medienrat als Chance für den Dialog

Danny al-Baaj, Koordinator der führenden syrischen Internet-Zeitung "Syria News", ist angesichts der Empfehlungen des Partei-Kongresses dennoch zuversichtlich. Die Einrichtung eines Medienrates, der von der Regierung unabhängig sein müsse und ein Forum für einen Dialog mit den nichtstaatlichen Medien bieten könne, wäre aus seiner Sicht durchaus begrüßenswert.

Ähnlich sieht er die Möglichkeit eines neuen Presserechts, an dessen Formulierung er Vertreter der privaten Medien beteiligt sehen möchte. "Eine klare Regelung der roten Linien ist im Interesse beider Seiten", sagt al-Baaj, und verweist damit auf ein Problem, mit dem die meisten Journalisten gegenwärtig kämpfen.

"Journalismus ist ein ständiges Spiel mit den Grenzen des Sagbaren, und mit unserer Zeitung spielen wir dieses Spiel bis heute", erklärt er. Als Reaktion auf mehr oder weniger verdeckte Drohungen der Behörden habe die Zeitung von Zeit zu Zeit vorsichtiger agiert, nur um sich anschließend erneut an diese Grenzen heranzutasten.

Dabei bewegen sich die Internet-Zeitungen streng genommen in einem ungeregelten Raum. Das geltende Pressegesetz bezieht sich lediglich auf gedruckte Veröffentlichungen, dennoch wurden in der Vergangenheit immer wieder auch Internetseiten von den Behörden blockiert.

Restriktionen im Internet

Eines der jüngsten Opfer dieser Versuche der Behörden, missliebige Informationsquellen zu schließen, ist ausgerechnet die Website eines Mitglieds der staatstragenden Baath-Partei. Der Zugang zur Seite "All4Syria", die der innerparteiliche Reformer Ayman Abdelnour herausgab, wurde im Frühjahr dieses Jahres gesperrt, ohne dass damit allerdings der Informationsfluss gänzlich unterbunden werden konnte.

Als Email-Newsletter verschickt Abdelnour seine Nachrichten weiterhin an Interessierte und konnte mit einer darin enthaltenen Petition im Vorfeld des Partei-Kongresses soviel öffentlichen Druck erzeugen, dass eine größere Anzahl reformorientierter Parteimitglieder als Teilnehmer des Kongresses benannt wurde.

Die angekündigte Regulierung des Internet, so hofft al-Baaj, könnte einer solchen staatlichen Willkür gegenüber den Herausgebern und Autoren zumindest formale Grenzen setzen.

Eine Garantie wäre dies selbstverständlich nicht, wie der Fall der Wochenzeitung al-Mubki zeigt. Mit dem geltenden Recht ist die Entscheidung des Lizenzentzuges schwerlich vereinbar.

Zwar sieht das Gesetz tatsächlich eine Geldstrafe für den Verstoß gegen die thematischen Auflagen der Zeitungslizenz vor, ein sofortiger Lizenzentzug ist mit den entsprechenden Paragraphen allerdings nicht zu begründen. Die Herausgeber der Zeitung planen deshalb, gegen die Entscheidung des Premierministers zu klagen.

Medienpolitik der kleinen Schritte

Die Journalistin Bahia Mardini, die für die Internet-Zeitung "Elaph" regelmäßig aus Damaskus berichtet, ist deswegen optimistisch - oder dennoch. Denn der Justiz allein möchte auch sie die Angelegenheit nicht überlassen.

In einem Aufruf, der über den Newsletter "All4Syria" verschickt und von anderen Seiten aufgegriffen wurde, mahnte sie zu öffentlichen Solidaritätsbekundungen mit al-Mubki, um die Behörden zu einer Revision ihrer Entscheidung zu bewegen. Aber auch sie hebt hervor, dass "die Empfehlungen der Baath-Konferenz in die richtige Richtung gehen. Aber mit sehr langsamen Schritten."

In welche Richtung diese Schritte allerdings genau gehen werden, war von offizieller Seite bisher nicht zu erfahren. Allein die kurzen Anmerkungen zur gewachsenen Bedeutung globaler Kommunikation und neuer Medien, die Assad in seiner Eröffnungsrede während der Baath-Konferenz machte, lassen die Grenzen erahnen, in denen sich die angekündigten Reformen bewegen werden.

Die "Macht", die hinter diesen neuen technischen Möglichkeiten stehe, so betonte Assad in seiner Rede, versuche, die arabische Jugend mit fremden Werten zu verunsichern und ihrer kulturellen Identität zu berauben. Es müsse daher bei den anstehenden Reformen der syrischen Gesellschaft vor allem auch darum gehen, den "kulturellen, politischen und geistigen Niedergang des arabischen Menschen", der von dieser Macht betrieben werde, zu verhindern.

Genau dieser Hinweis auf die Gefahren äußerer Mächte, die die Medien zur Manipulation der Jugend missbrauchten, diente in der Vergangenheit immer wieder dazu, Einschränkungen der Presse und Repressionen gegenüber Journalisten zu rechtfertigen.

Götz Nordbruch

© Qantara.de 2005

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