Kampf der Fernsehmoderatorinnen
Die Anti-Kopftuch-Initiativen gegen Musliminnen beschränken sich nicht auf die westliche Welt, inzwischen richten sie sich auch gegen Kopftuchträgerinnen in der arabisch-islamischen Welt.
Der ägyptische Minister für Bildung und Unterrichtswesen, Dr. Hussein Kamil Baha ad Din, äußerte vor kurzem sein Missfallen darüber, dass die Anzahl der Studentinnen mit Kopftuch stark zugenommen habe.
Dies fiel ihm bei einem Besuch einiger Bildungseinrichtungen in Alexandria auf, woraufhin er dringend eine Studie über "das Phänomen der zunehmenden Verschleierung muslimischer Studentinnen" forderte. Auch verlangte er, dieser Entwicklung sofort entschlossen entgegen zu treten.
Außerbehördliche Organisationen und Einrichtungen reagierten daraufhin empört: Ihrer Meinung nach drückte der Minister offen das aus, was die Regierung aus Furcht vor der Verbreitung des Kopftuchs unter Musliminnen jeden Alters in Schulen, Universitäten und auch in Regierungs- und Verwaltungsbehörden nicht ausspricht.
Sie befürchtet nämlich, dass die öffentliche Verbreitung islamischer Symbole den islamischen Eiferern in die Hände spielen könnte, die die Einhaltung der Sharia in allen Lebensbereichen anstreben.
Das Kopftuch als rein persönliche Angelegenheit?
Ein Regierungsmitglied, das namentlich nicht genannt werden möchte, versicherte in einem Interview, der ägyptischen Regierung läge es fern, den Musliminnen das Kopftuchtragen zu verbieten.
Vielmehr respektiere man dies und betrachte es als persönliche Angelegenheit jeder Frau. Tatsächlich habe sich aber der Eindruck gefestigt, man habe es mit einer "Bedrohung" zu tun, die sich gerade in jüngster Zeit in der zunehmenden Verbreitung des Kopftuches manifestiert.
Es wird befürchtet, dass sich die religiösen Strömungen weiter ausbreiten und islamische Gruppierungen die Gesellschaft kontrollieren könnten. Weiterhin gebe es Grund zur Sorge, dass die USA die ägyptische Gesellschaft als unbeweglich und undemokratisch einstuften.
Der Informant bestätigte, dass der Standpunkt des Ministers für Bildung und Unterrichtswesen die Befürchtungen der Regierung verkörpere, insbesondere da die USA Millionen Dollar zur Unterstützung ägyptischer Bildungsprojekte zahlt.
Kein Kopftuch für Moderatorinnen
In der Öffentlichkeit wird eine heftige Diskussion über den Kopftuch geführt, die durch folgenden Beschluss verschärft wird: Eine Gruppe ägyptischer Fernsehsprecherinnen wurde mit einem Auftrittsverbot belegt, nachdem sie mit Kopftuch vor die Kamera getreten waren. Inzwischen haben einige von ihnen Beschwerde gegen die staatliche Fernsehanstalt eingelegt.
Die bekannteste unter ihnen, Maha Midhat, begann ihre Arbeit vor über zehn Jahren auf Kanal Zwei und hat vor kurzem beschlossen, das Kopftuch zu tragen. Daraufhin durfte sie nicht mehr auf der Bildfläche erscheinen, sondern sollte stattdessen als OFF-Sprecherin eingesetzt werden - nicht sichtbar also, sondern nur noch hörbar sein.
Sie strengte daraufhin einen Prozess an und hofft seitdem, dass die Richter ihr wieder zu ihrer Arbeit verhelfen. Nichts in ihrem Vertrag, so sagt sie, weist darauf hin, dass ihr das Tragen eines Kopftuchs während der Arbeit untersagt sei.
Der Konflikt zwischen Maha Midhat und dem ägyptischen Fernsehen spitzte sich nach einem heftigen Streit zwischen ihr und der Präsidentin der Anstalt, Zaynab Swidan, noch zu.
Midhat bat den Informationsminister, Safwat Sharif, um Unterstützung, konnte jedoch bislang mit ihrer Bitte nicht zum Minister vordringen. Auch beim ägyptischen Präsidialamt hat sie Beschwerde eingelegt. Was ihr passiere, sei eine Beschneidung des Rechts auf freie Religionsausübung.
Arbeitsverbot trotz Ratsbschluss
Die Moderatorin Hala al-Maliki arbeitete bei einem Regionalsender des ägyptischen Fernsehens und wurde mit einigen ihrer Kolleginnen von der Programmpräsentation ausgeschlossen, nachdem sie sich für das Kopftuch entschieden hatte.
In einem Interview bestätigte sie, dass sie mit ihren Kolleginnen Ghada at-Tawil und Maha Adil gerichtlich Beschwerde gegen die Fernsehanstalt eingelegt habe. Außerdem hätten sie sich beim Schlichtungskomitee der Anstalt beschwert.
Der Rat beschloss, dass ihnen die Rückkehr zur Arbeit erlaubt werden müsse. Das Tragen des Kopftuchs sei weder ein gesetzlicher Hinderungsgrund noch eine Behinderung bei der Ausübung der Arbeit und daher kein Grund für ein Auftrittsverbot für die Moderatorin. Trotzdem erlaubt die Sendeanstalt ihnen nicht, an ihre Arbeit vor den Kameras zurückzukehren.
Andere Moderatorinnen haben sich mit den Umständen abgefunden und die Arbeit hinter der Kamera akzeptiert. So etwa Amal Subhi, die sagt, ihr sei klar, dass ihre Verbannung vom Bildschirm mit ihrem Entschluss, das Kopftuch zu tragen, zusammenhänge. Aber obwohl sie seitdem ihr Programm nicht mehr präsentieren darf, weigert sie sich, ihn wieder abzulegen.
Kampagnen ohne rechtliche Grundlagen
Subhi betont, dass sie die Politik des ägyptischen Fernsehens für falsch hält. Sie sei verwundert darüber, dass es anderen Ägypterinnen erlaubt sei, während der Arbeit das Kopftuch zu tragen, den Moderatorinnen hingegen nicht.
Die Moderatorin Dalia Khattab hält es für ihr Recht, auch mit Kopftuch weiter arbeiten zu dürfen. Man solle jedoch nicht so einen Aufstand daraus machen, wie die Rechtsbeschwerde der Moderatorinnen, sondern das Ganze mit weiser Gelassenheit angehen.
Seit dem Tragen des Kopftuchs hat Dalia einige Beschränkungen hinnehmen müssen. So wurde ihre Stimme einer Prüfung unterzogen, obwohl der englischsprachige Sender ihre hervorragende Stimme ausdrücklich gelobt hatte.
Andere Moderatorinnen kündigten an, sich eine andere Stelle zu suchen. Einige gingen zu arabischen Privatsendern, die ihnen erlauben, mit Kopftuch zu moderieren.
So auch Amal Saad, die bei einem der ägyptischen TV-Sender gearbeitet hatte. Sie erzählt, sie habe sich gleich nachdem sie das Kopftuch anzog, offiziell bei der Sendeleitung entschuldigt und das Arbeitsverhältnis beendet.
Es sei ihr klar gewesen, dass sie angesichts der Hindernisse dort längstens als Moderatorin gearbeitet hatte. Anders sähe die Sache aus, bemerkte sie ferner, wäre sie nicht mit einem Zeitvertrag, sondern in Festanstellung beschäftigt gewesen. Dann hätte sie die Klage ihrer Kolleginnen unterstützt.
Angst vor falscher Wahrnehmung durch den Westen
Zurückzuführen ist diese Politik des ägyptischen Informationsministeriums, so glaubt Saad, auf die Furcht, dass Ägypten im Westen negativ wahrgenommen werden könne, da die Medien als Repräsentationsforum der Landespolitik im Ausland funktionieren.
Bissig kommentiert sie, eine Moderatorin müsse sich nicht als Schaufensterpuppe zur Verfügung stellen oder sich nach Gusto des Senders kleiden.
Fatima Fuad, Direktorin einer regionalen TV-Sendeanstalt betont, dass im Fernsehen Moderatorinnen ohne Kopftuch üblich seien. Diese Norm könne sie nicht missachten. Zwar respektiere das Fernsehen den Entschluss der Moderatorinnen als persönliche Entscheidung, aber wegen der Norm könne man diese Frauen nicht mehr vor der Kamera einsetzen.
Fatima Fuad versichert, sie habe sich für die Moderatorinnen bei den Entscheidungsträgern der Anstalt eingesetzt. Sie schlug vor, diese Moderatorinnen auf besonderen Sendeplätzen zu zeigen, in religiösen oder Familienprogrammen, wie es auch bei einigen Privatsendern üblich ist. Man wird den Vorschlag prüfen.
Nelly Yussef, © Qantara.de 2004