Weg frei für Waffenexporte nach Libyen

Bei ihrem Treffen in Luxemburg haben die 25 EU-Außenminister das Waffenembargo gegen Libyen aufgehoben. Die Europäer versprechen sich gute Geschäfte mit dem öl- und erdgasreichen Wüstenstaat in Nordafrika. Von Bernd Riegert

Silvio Berlusoni und Muammar Gaddafi, Foto: AP
Silvio Berlusoni und Muammar Gaddafi

​​Mit dem Waffenembargo der Europäischen Union fällt für Libyen die letzte internationale Handelshürde, die nach den Terroranschlägen Ende der 1980er Jahre verhängt worden waren.

Bereits im Sommer hatten die europäischen Außenminister den Handel mit Libyen wieder erlaubt. Die USA waren Ende September diesem Beispiel gefolgt. Jetzt wird auch der Verkauf von Waffen an den libyischen Machthaber Muammar al Gaddafi wieder erlaubt, nachdem Libyen mit der Entschädigung von Opfern des Bombenanschlages auf die Berliner Diskothek La Belle begonnen hat.

Libyen hatte die Verantwortung für den Terrorakt im April 1986 übernommen und Entschädigung von 35 Millionen Dollar zugesagt. Konkrete Waffengeschäfte zwischen Deutschland und Libyen seien aber nicht geplant, versichert Bundesaußenminister Joschka Fischer. Die "nationale Prüfungskompetenz" bleibe unbeschadet. "Es geht um die Frage, wie weit man die Beziehungen angesichts der dramatischen Veränderungen in Libyen weitgehend normalisieren will", so Fischer.

Nur wenig Druck bei Menschenrechtsfragen

Am 15. Oktober will Bundeskanzler Gerhard Schröder als vierter Regierungschef der EU Libyen mit einer hochrangigen Wirtschaftsdelegation im Schlepptau besuchen. Die Europäer versprechen sich gute Geschäfte mit dem öl- und erdgasreichen Wüstenstaat in Nordafrika. Vergangene Woche eröffnete Muammar al Gaddafi eine Gaspipeline nach Italien. Libyen ist wichtiger Energielieferant für Europa.

Getrübt werden die Beziehungen nur noch durch das Todesurteil gegen bulgarische Krankenschwestern, die im Mai von einem libyschen Gericht verurteilt worden waren, weil sie angeblich Patienten in Tripolis mit dem AIDS-Virus infiziert hatten. Gegen das Urteil konnte vor dem Obersten Gerichtshof von Libyen Berufung eingelegt werden.

Die EU will helfen, macht eine Lösung der Frage aber nicht zur Bedingung für Geschäfte mit Libyen. "Wir werden uns auch weiter darum bemühen, dass es hier den Rechtsstandards der Union und den internationalen Grundregeln folgend zu einer entsprechenden Lösung kommt", sagte Fischer. Bulgarien, das 2007 der EU beitreten soll, hatte den Annäherungskurs der Union gegenüber Libyen kritisiert.

Gaddafi wieder salonfähig

Spätestens seit seinem Besuch bei der EU-Kommission in Brüssel im April gilt Muammar al Gaddafi, einer der dienstältesten Diktatoren der Welt, in Europa aber wieder als salonfähig. Im Dezember 2003 hatte Gaddafi auf jegliches Streben nach Massenvernichtungswaffen verzichtet.

Italien will Libyen nach dem Ende des Waffenembargos möglichst bald mit neuen Patrouillenschiffen ausstatten, damit die libysche Marine im Mittelmeer afrikanische Asylsuchende abfangen kann, die mit altersschwachen Booten Richtung Europa aufbrechen. Italien hilft Libyen bereits dabei, Lager für Flüchtlinge aufzubauen und hat Zelte nach Nordafrika geliefert.

Die Auffanglager, die in Deutschland vom deutschen Innenminister Otto Schily propagiert und heftig kritisiert werden, werden in Libyen bereits eingerichtet. Eine Vertreterin des Flüchtlingshilfswerkes der Vereinten Nationen (UNHCR) hatte in Rom keine Einwände. Es sei immer noch besser, die Flüchtlinge würde an Land gesammelt, als dass sie auf hoher See ertrinken, so der UNHCR.

Bernd Riegert

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