Franko-arabischer Duo-Gipfel

Djazia Satour (right) sings into a microphone as she plays the bendir; in the background, sitting at a grand piano, is pianist Pierre-Luc Jamain
Expressive arabische Melodien vermischt mit Elementen aus dem Jazz: Djazia Satour (rechts) und Pianist Pierre-Luc Jamain bei einem ihrer gemeinsamen Auftritte. (Foto: Sylvain Sabard/ TiTi-Photographe)

Djazia Satour ist eine der bedeutendsten algerischen Sängerinnen der Gegenwart. Auf der Bühne feiert sie ihre Lieder derzeit in intimer Zweierbesetzung.

Von Stefan Franzen

Aktuelle Musik aus Algerien hat oftmals ein weibliches Gesicht: Da wäre die Songwriterin Souad Massi, die seit Beginn des Jahrtausends zwischen arabischem Lied, Flamenco und Chanson ein Star der Weltmusikszene ist. Oder die Cellistin und Sängerin Nesrine, die Jazzhörerinnen und -hörern als Teil des Trios NES bekannt sein dürfte.

Neueste Entdeckung im deutschsprachigen Raum ist Djazia Satour, in Frankreich bereits seit zwei Jahrzehnten im Musikgeschäft unterwegs. In ihren Liedern beschäftigt sie sich intensiver als die Kolleginnen mit ihren algerischen Wurzeln. 

Geboren wird Satour in der Hauptstadt Algiers. Als Kind hört sie die klassischen arabischen Chansons und den Châabi, die "Musik des Volkes“, die sich seit den 1930er Jahren aus der arabo-andalusischen Tradition entwickelt hat. Ebenso wächst sie mit den Liedern der kabylischen Berber auf, zu dieser Volksgruppe gehörten teilweise auch ihre Großeltern.

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Von Algiers nach Grenoble

Bereits mit zehn Jahren kommt sie ins französische Grenoble, wo sie als Teenagerin zu singen beginnt, zunächst noch ohne Ambitionen auf eine Musikerlaufbahn. Die Musik hat ihr das Leben erträglicher gemacht, ihr ein Gefühl von Freisein ermöglicht, erinnert sie sich. 

Doch dann wird es ernst: Satour schließt sich der international renommierten Rockband Gnawa Diffusion als Chorsängerin an, ihr Halbbruder zählt zu den Gründungsmitgliedern. Später wird sie Mitglied der Formation MiG, die Triphop und Electro beackert. In den Jahren nach 2010 nimmt sie eine Solokarriere in Angriff und auf ihren seitdem veröffentlichten drei Soloalben fährt sie zwheigleisig: Neben der Anbindung an ihre algerischen Wurzeln lotet sie Soul und R&B aus, wechselt bei ihren Texten dafür ins Englische.  

Doch gleich, in welcher Sprache sie singt: Ihre Verse sind engagiert und unverblümt, tragen feministische Züge und erzählen von Zukunftsangst, aber auch vom unbändigen Wunsch nach Freiheit. Satour berichtet von Exil und Flucht ihrer Landsleute über das Mittelmeer und in ihrem Song "Zintkala“ setzt sie die Kolonialerfahrungen der Native Americans in den USA in Beziehung zur Geschichte der arabischen Welt. 

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Feuriger perkussiver Dialog

In ihrem bislang letzten Werk "Aswât“ ("Stimmen“) rücken vorwiegend akustische Sounds und die seit der Kindheit vertrauten Klangfarben der algerischen Heimat ins Zentrum. Und diese kommen in ganz unterschiedlichen Stilen daher. Ihre individuelle Version des Châabi spielt dabei eine große Rolle, sie bringt dafür die typischen Zupfinstrumente wie die Mandola und das Banjo zum Einsatz, ganz prominent auch die Rahmentrommel Bendir. 

Für den Gesang kehrt sie dieses Mal exklusiv zurück zur arabischen Sprache: "Die arabische Sprache spiegelt das wider, was ich mit meiner Geschichte bin, sie weckt in mir eine Menge Gefühle“, sagte Satour vor einem Auftritt in Belgien. "Gleichzeitig wollte ich die algerischen Instrumente verwenden, und zwar in einer sehr ungeschliffenen Art und Weise. Nicht, um die Tradition wiederzuerwecken, denn dafür habe ich zu wenig in dieser Musik 'gebadet'. Aber es ging mir darum, meine verschiedenen Einflüsse miteinander zu vereinen.“ 

Mit ihrem neuen Bühnenprojekt verdichtet Djazia Satour ihre Liaison mit der algerischen Musik auf ein intensives Duo. Ihr Partner ist der stilistisch vielseitige Pianist Pierre-Luc Jamain. Bei diesem intimen Gipfeltreffen begegnen sich Stimme, Trommel und Tasten in neuen Arrangements von Satours Liedern. 

Piano und Trommel vereinigen sich zu einem feurigen perkussiven Dialog, balladeske und melancholische Töne kommen zur Geltung, wenn Satour ihre ausdrucksstarken Vocals in den Mittelpunkt stellt. Jamains Tastenspiel nimmt die Ornamente der arabischen Melodien auf, setzt auch jazzige Akzente. Mit diesen sparsamen, konzentrierten Mitteln eröffnet sich eine ganze Welt zwischen nostalgischen Arabesken und den aktuellen weltpolitischen Wunden.  
 
Stefan Franzen 

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CD: "Aswât“ (Alwâne Music)