Die "Deukische Generation"

Wenn deutsche Medien über türkische Jugendliche berichten, ist oft von Gewalt und Bandenkriminalität die Rede. Der Verein "Die Deukische Generation" will das Image junger Türken und anderer Migranten verbessern.

Von Seda Serdar

​​Das negative Image der türkischen Migranten in den deutschen Medien ist wohlbekannt. Besonders oft werden die so genannten "verlorenen Jugendlichen" ohne Schulabschluss, Arbeit und Perspektive gewalttätig. Sie sprechen kaum Deutsch und schlecht Türkisch. Sie prägen das Bild in den deutschen Medien.

Doch viele junge Türken wollen diese Stereotypen jetzt korrigieren. So entstand der Verein "Die Deukische Generation".

Was "Deukisch" eigentlich bedeutet, erklärt eine Mitgründerin, Lamia Özal, 17 Jahre alt: "Deukisch ist eine neue Wortschaffung von uns. 'Deukisch' ist aus 'Deutsch' und 'Türkisch' zusammengesetzt. Wir arbeiten für die Imageverbesserung der türkischen Jugendlichen in den deutschen Medien und auch in der deutschen Gesellschaft. Weil die Türken in den deutschen Medien größtenteils negativ dargestellt und positive Aspekte kaum beachtet werden. Und das ist uns sehr wichtig. Aus diesem Grunde haben wir uns entschlossen, diesen Verein zu gründen."

Mit Vourteilen spielen

Der Verein "Die Deukische Generation" hat zurzeit etwa 100 Mitglieder, davon sind 30 aktiv. Obwohl die türkischen Mitglieder momentan die Mehrheit stellen, wächst das Interesse der deutschen Jugendlichen jeden Tag.

Die "Deukische Generation" hat auch konkrete Ziele, sagt Lamia Özal:

"Wir werden Werbespots drehen, in denen wir mit den Vorurteilen spielen werden. So möchten wir den Medien ein neues Bild von den Türken zeigen. Es wird nächstes Jahr eine große Vereinsmesse organisiert werden. Hier werden verschiedene Sportvereine und Musikklubs vertreten sein. Die Eltern können ihre Kinder dort anmelden. Wir werden die Eltern und Kinder dort unterstützen und motivieren. So möchten wir die Kinder von der Straße fernhalten und dafür sorgen, dass sie ihre Freizeit schön gestalten."

Für eine gelungene Integration, glauben die Jugendlichen, müssen mehrere Probleme überwunden werden. Selcuk Ilhan Akyildiz, 21 Jahre alt, erklärt, was er für das größte Integrationsproblem hält: "Dass von den meisten Migranten die deutsche Sprache leider noch nicht beherrscht wird. Die Sprache ist der Schlüssel zu allem!"

Integrationsfeindliches Schulsystem

Die 17 Jahre alte Henrike Gätchen aus Hamburg kritisiert das Schulsystem und ist für die Abschaffung der Hauptschule:

​​"Im Moment werden durch die Selektion nach der 4. Klasse die Kinder in verschiedene Schulen, also in gut, mittel und schlecht eingeteilt. Sie bleiben bis ans Ende ihrer Schullaufbahn an diesen Schulen, häufig wird der Übergang nicht einfach gestaltet. Das hat zur Folge, dass die Integration nicht funktioniert, weil Kinder aus sozial oder finanziell schwachen Familien, das sind meistens Migrantenfamilien, gar keine Möglichkeit haben, aufs Gymnasium zu gehen, beziehungsweise das Gymnasium ohne Nachhilfe, ohne weitere Bücher und Gespräche mit den Eltern überhaupt nicht schaffen können."

Taha Baskan, 21 Jahre alt, lenkt die Aufmerksamkeit auf ein anderes Problem, auf die Schwierigkeit, einen deutschen Pass zu bekommen:

"Für mich liegt das größte Problem bei der Hürde zur Erlangung der deutschen Staatsbürgerschaft. Ich denke, die Sprachtests dürfen nicht zu schwer gestaltet sein. Man muss das Einbürgerungsrecht ein bisschen verändern, um Anreize zur Integration zu schaffen, denn ein wichtiges Merkmal der Integration ist ja der deutsche Pass. Das dient auch der Identifikation, denn nur, wenn man in Besitz eines deutschen Passes ist, kann man sich dem deutschen Staat annähern und sich zum deutschen Vaterland zugehörig fühlen."

Multikulturelle Zukunftshoffnungen

Obwohl die Jugendlichen heutzutage mit vielen Problemen konfrontiert sind, haben sie große Hoffnung auf die Zukunft. So sieht die Mitgründerin der "Deukischen Generation", Zeynep Balazümbül, die Deutsche Gesellschaft im Jahr 2030:

"Deutschland wird in 30 Jahren hoffentlich eine Multikultur haben. Das ist eigentlich die einzige Zukunft, die ich für Deutschland sehe, weil wir ein essentieller Baustein von Deutschland sind. Wir sind hier und wir bleiben hier, wir gehören zu Deutschland. Die zwangsläufige Konsequenz daraus ist, dass wir in 30 Jahren eine Multikultur haben. Multikultur funktioniert. Hier gibt es keinen Zweifel dran."

Seda Serdar

© DEUTSCHE WELLE 2007

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