Ein Leben für die Bäume
Das Foto, das er von sich postet, verrät gleich sein Profil: Safari-Weste, Schirmmütze, vor einem dicken Baum stehend. Ranger, würde man denken. Doch Muwafaq Mubareka wohnt in Bagdad, in der acht Millionen Menschen zählenden Hauptstadt des Irak. Er wohnt in einem Land, in dem es kaum Bäume gibt, wo die Wüstenstürme regelmäßig Tonnen von Sand und Staub aufwirbeln und Euphrat und Tigris derart mit Pestiziden verseucht sind, dass kaum noch etwas wächst.
Wo Dürren um sich greifen und immer mehr Land verwüstet. Wo im Süden die Böden versalzen, da die Gezeiten das Meerwasser vom Persischen Golf bis tief ins Landesinnere treiben, weil der Schatt al-Arab – der Zusammenfluss von Euphrat und Tigris - zu wenig Wasser führt, um es zurückzuhalten. In einem Land, das für seine Kriege bekannt ist, für den Terror von Al-Qaida und dem Islamischen Staat (IS). Da steht also einer vor einem Baum und lächelt in die Kamera. Wie passt das zusammen?
Wie viele Bäume er und seine Kollegen schon gepflanzt hätten, kann Mubareka nicht genau sagen. Aber annähernd eine Million könnten es schon gewesen sein. Deshalb heißt der Verein, dessen tragendes Mitglied er ist, auch "Millionen Bäume Assoziation“, weil es Millionen von Bäumen bedürfe, um den Irak vor der völligen Verwüstung zu retten und das Klima erträglicher zu machen.
Man brauche Jahre, um die Umweltsünden, die hier begangen wurden, nur ein bisschen zu mildern, geschweige denn, sie ungeschehen zu machen. Irak ist eines der am verwundbarsten Länder der Welt, was den Klimawandel betrifft, extreme Temperaturen und Wasserknappheit inbegriffen. Festgefahren durch eine instabile Sicherheitslage, zehrende politische Manöver und Korruption, hatten die Regierungen in Bagdad die verheerende Umweltsituation im Lande bislang nicht auf dem Radar.
Jetzt aber gibt es Hoffnung, dass sich die Dinge doch ändern könnten. Das Parlament hat am 22. September 2020 dafür gestimmt, dass der Irak dem Pariser Klimaabkommen beitritt. Das rechtlich bindende Abkommen von 2015 hat zum Ziel, die Klimaerwärmung auf unter zwei Grad Celsius zu drücken. Die 196 Unterzeichnerstaaten müssen alles tun, um ihre Treibhausgase zu reduzieren und steigende Temperaturen zu vermeiden. Bedürftige Länder sollen hier auch finanzielle Unterstützung erhalten.
Die Behörden stellten sich taub
Muwafaq Mubareka und seine Mitstreiter wähnen sich im Aufwind. Denn bis dahin stießen sie in den Ministerien und regionalen Behörden auf taube Ohren, wenn sie für ihre Sache warben. „Keiner wollte uns anhören“ erzählt Mubareka von seinem Spießrutenlaufen für die Bäume.
Sie hätten andere Probleme, hieß es immer. Einen Plan, wie man das Klimaziel im Irak erreichen will, gibt es noch nicht. Aber Bäume pflanzen wollen jetzt alle. In den Ministerien sind Bäume gerade der Diskussionsstoff gegen den Klimawandel.
"Ruhe bewahren“, hat ihm sein Deutschlehrer in Göttingen beigebracht, als Mubareka mit einem irakischen Stipendium ausgerüstet nach Deutschland kam, um dort Forstwirtschaft zu studieren. 1974 machte er sein Diplom und wollte eigentlich an der Technischen Universität Braunschweig seine Doktorarbeit schreiben, spezialisiert auf Holzforschung.
Dann kam die Nachricht aus Bagdad, das Stipendium sei gestrichen, männliche Mitglieder seiner Familie seien umgebracht worden und auch er stünde im Verdacht, gegen das Regime zu agieren. "Es genügte schon, wenn man nicht in der Baath-Partei war und als guter Muslim jeden Tag betete, dass man zum Regimegegner abgestempelt wurde.“
Nach ihrer Machtergreifung 1963 wurde die Baath zum Instrument Saddam Husseins zur Unterdrückung von jeglichem Widerstand.
Wer nicht mit ihr war, wurde als Gegner eingestuft. Vor allem im Ausland studierende Iraker wurden gedrängt, in die Partei einzutreten. Später hat Muwafaq erfahren, dass ein irakischer Kommilitone ihn beim Geheimdienst angeschwärzt habe. "Meine Familie sagte, komm’ bloß nicht zurück, die bringen dich um.“
Der in Deutschland diplomierte Forstwirt emigrierte nach Kanada. Dort wurden qualifizierte Leute wie er gesucht. Im Irak kam Saddam Hussein an die Macht und massakrierte Hunderttausende Schiiten und Kurden, die ihm nicht loyal ergeben waren. Muwafaq ist Schiit, wie die Mehrheit der Iraker. Saddam Hussein war Sunnit.
"Doch es war eigentlich nicht die Religion, die den Ausschlag für Verfolgung gab“, kommentiert Mubareka die einstige Gewaltherrschaft. Es sei Gefolgsamkeit gewesen. "Ruhe bewahren“, dieses Motto konnte der 77-Jährige deshalb gut gebrauchen bis zum Sturz des Diktators 2003. Das Heimweh nach Bagdad aber ließ ihn nicht los.
Für ein grünes Basra
"Wir schaffen das“, ist Mohamed Falih Abu Utaf überzeugt. Er steht an einem Seitenkanal des Schatt al-Arab inmitten der Südmetropole Basra und zeigt stolz auf die Pflanzungen, die seine Initiative "For a green Basra“ kürzlich veranlasst hat. 400 neue Bäume entlang des Kanals, 16 verschiedene Baumarten. Die meisten kommen von außerhalb, aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, aus Indien, aus Ägypten. "Manche müssen sofort verpflanzt werden, wenn sie aus dem Flugzeug kommen“, sagt der Agraringenieur. Er hat mit den lokalen Behörden verhandelt, damit sie die Voraussetzungen für die Pflanzungen schaffen, Löcher im Abstand von zehn Metern in den Asphalt bohren und sie mit Erde füllen, Bewässerungsschläuche legen.
Im Winter bekämen die neuen Bäume ein Mal in der Woche Wasser, im Sommer zwei Stunden pro Tag. Für die Pflanzungen hat Abu Utaf sich Freiwillige geholt, von Universitäten und anderen Umweltgruppen. Er hat ihnen gezeigt, wie man mit Setzlingen umgeht und hat auch Blumen um sie herum gruppieren lassen. "Es ging alles geordnet zu“, zeigt er auf einen Personalbogen. Jeder musste seinen Namen eintragen, wann er was wo gepflanzt hat und wie lange es dauerte. So könnten er und seine Helfer statistisch erfassen, was geschehen sei.
Und sie könnten feststellen, welche Auswirkungen die Bäume auf das Klima hätten. "Wir haben jetzt schon unter 50 Grad im Sommer“, sagt er überzeugt und meint, dies sei schon der erste Effekt ihrer seit drei Jahren anhaltenden Aktivitäten. Als sie mit dem Pflanzen anfingen, sei es im Sommer noch bis zu 53 Grad heiß geworden. Der Ingenieur ist klug genug zu wissen, dass dies noch lange nicht ausreicht und vielleicht auch nicht nachhaltig ist. Doch sein Optimismus ist ungebrochen.
Abu Utafs Initiative ist lokal für Basra, was Muwafaq Mubarekas Verein landesweit ist. Gleichwohl wurde die "Millionen Bäume Assoziation“ ursprünglich 2012 in Basra gegründet. Ein Jahr später bekam sie die Zulassung als Nichtregierungsorganisation in Bagdad und breitete sich blitzschnell im ganzen Land aus. Abu Utaf ist ein Mitglied der ersten Stunde. Seine eigene Kampagne für Basra startete er 2017.
"Viele rufen mich an, die einen Baum haben wollen“, erzählt der 61-Jährige. "Wir haben Schulhöfe begrünt, den Eingang zum Gerichtsgebäude“, zeigt er hinter sich. Auch das ausgebrannte Provinzratsgebäude vor ihm, das die Volksvertreter beherbergte und im September 2018 in Flammen stand, würde er gerne begrünen, damit es nicht mehr so trist aussähe. Damals gingen Tausende junge Iraker auf die Straße und machten ihrem Ärger über Korruption, schlechte Lebensbedingungen, Arbeitslosigkeit und Aussichtslosigkeit Luft, zündeten Parteibüros, Häuser von Abgeordneten und eben das Provinzratsgebäude mitsamt dem regierungseigenen TV-Sender Iraqia an.
Der Rat ist seitdem aufgelöst, der Gouverneur geblieben und verändert hat sich die Lebenssituation der vier Millionen Einwohner nicht wirklich, abgesehen von einigen Straßen, die einen neuen Asphalt bekamen und Abu Utafs grünen Bäumen.
Mit vielen kleinen Schritten gegen Umweltverschmutzung
Es sind kleine Schritte, die er und seine vielen Helfer tun. "Aber viele kleine Schritte bringen irgendwann einen großen Fortschritt“, sagt er zuversichtlich. Allein der Kanal, an dessen Ufern Abu Utafs Bäume jetzt wachsen, ist sauberer geworden, wird von der Stadtverwaltung regelmäßig gereinigt und auch die Abwässer, die noch immer mangels Kläranlage in die Kanäle von Basra fließen, stinken nicht mehr so wie früher. Abu Utaf meint, das käme von den Bäumen.
Er zeigt auf seinen Lieblingsbaum, Niem, der aus Indien stamme und sich prächtig in Basra entwickle. "Eigentlich sollte man meinen, dass hier nichts mehr wächst bei der gravierenden Umweltverschmutzung. Schwermetalle, Blei, alles was nur denkbar ist, befindet sich in der Luft, im Boden und im Wasser – in höchster Konzentration.“ Deshalb sei es ein Wunder, dass hier überhaupt noch etwas gedeihe.
Vor allem der acht Jahre dauernde Krieg gegen den Iran von 1980 bis 1988 hat Basra enorm zugesetzt. Die Schäden wirken noch heute nach. Millionen von Bäumen sind damals am Schatt al-Arab gefällt worden, damit die irakische Armee freie Sicht auf den Feind auf der anderen Seite hatte. Weitere Hunderttausende sind den Kämpfen zum Opfer gefallen. "Stellen Sie sich vor“, sagt Abu Utaf kundig, "es gab einmal Palmenwälder rund um Basra.“ Jetzt ist dort nur noch Wüste.
Danach kamen der Zweite und Dritte Golfkrieg und die Amerikaner mit Uranwaffen, die ebenfalls in Basra eingesetzt wurden. Noch heute kann man die Folgen in den Krankenhäusern auf den Kinderstationen sehen, wenn missgebildete Babys zur Welt kommen. "Aber der schlimmste Umweltverschmutzer“, so Abu Utaf, "ist die Ölindustrie“. Was bei der Förderung in den Boden und die Atmosphäre gerät, wird die Umwelt weitere Jahrzehnte belasten. "Bitte schreiben Sie das“, gibt der Agraringenieur noch mit auf den Weg, "das wird nämlich nie erwähnt“.
Mit Obama nach Bagdad
Wir fahren mit einem schwarzen Chrysler von Basra 550 Kilometer nach Bagdad. "Eigentlich ist es rassistisch“, antwortet Hussein etwas beschämt auf die Frage, warum sein Auto im Volksmund "Obama“ genannt wird. Mittlerweile sind die dicken Limousinen auch gelb und weiß lackiert und befahren in Scharen die Autobahn zwischen Iraks größter und zweitgrößter Stadt. Schwarze sieht man nicht mehr so oft. Doch der Name "Obama“ hat sich gehalten, auch über die Amtszeit des ersten schwarzen Präsidenten der USA hinaus. Bestellt man ein Auto bei einem Fahrbetrieb, kommt gleich die Frage: "Obama oder GMC?“
Drei Stunden Wüste wohin das Auge blickt. Kurz unterbrochen durch brennende Stichflammen, Gas, das bei der Ölförderung in den Himmel schießt. Erst vor Kurzem hat die irakische Regierung Aufträge an internationale Firmen vergeben, dieses Gas aufzufangen und weiterzuverarbeiten.
Doch auf den meisten Ölfeldern wird es noch nach wie vor einfach abgefackelt. Was im Boden und im Grundwasser bleibt, ist von der Straße aus nicht zu sehen und die Fördergesellschaften halten sich mit Informationen bedeckt.
Das Rohöl besteht aus mehr als 500 Komponenten, darunter Kohlenwasserstoffen, Napthensäuren, Phenolen, Harzen, Aldehyden und organischen Schwefel-Verbindungen. Gleich außerhalb von Basra liegt das größte Ölfeld der Welt: Rumaila.
Es erstreckt sich kilometerlang auf beiden Seiten der Autobahn nördlich und südlich, bis hinein nach Kuwait. Rumaila diente Saddam Hussein als Begründung, 1990 in Kuwait einzumarschieren. Er beschuldigte das Emirat, illegal Öl aus dem Feld zu entnehmen.
Die Folge war der Zweite Golfkrieg mit der Operation "Desert Storm“ – Wüstensturm – mit einer von den USA angeführten Allianz, die die irakische Armee aus Kuwait vertrieb. Plötzlich taucht an der linken Fahrbahnseite ein Schlachtfeld auf mit verrosteten Militärfahrzeugen, ausgebrannten Tanklastern, kaputten Türen von Humvees, Steuerrädern und Radkappen. Bis hierher seien die Amerikaner 1991 gekommen, als sie die Iraker aus Kuwait vertrieben, erzählt Fahrer Hussein. Eigentlich wollten sie schon damals Saddam Hussein stürzen. Doch die arabischen Verbündeten der Koalition zur Befreiung Kuwaits hätten dann nicht mehr mitgemacht. Bush senior habe den Rückzug befohlen. Mitten in der Wüste fand die letzte Schlacht statt – 250 Kilometer vor Bagdad.
Das erste Großprojekt: ein zusammenhängender Wald
Bei Babylon wird es grün. Händler stehen am Rand der Autobahn und verkaufen, was die Felder hergeben. Tomaten, frischen Knoblauch, Zwiebeln, Gurken, Okra, Melonen, Orangen, Zitronen. In Salman Pak, 25 Kilometer vor Bagdad, hat die "Millionen Bäume Assoziation“ im April 2019 einen zusammenhängenden Wald gepflanzt, das erste Großprojekt des Vereins. Die Stadt liegt in der Nähe einer Halbinsel, die durch eine breite Ostbiegung des Tigris gebildet wird. Ideale Bedingungen für Paulownia Bäume, die dort gepflanzt wurden. Der Baum wächst schnell und bevorzugt mäßig trockene Böden.
Ein warmer, windgeschützter Standort ist ihm wichtig. Muwafaq Mubareka hat die Samen aus Rumänien bekommen und sie zusammen mit seinem Cousin Ali in seiner Baumschule getestet, wie alle Bäume, die der Verein ausgibt. Auf zehntausend Quadratmetern reiht sich Setzling an Setzling, winzige Bäume, die aus der ganzen Welt den Weg in Bagdads südlichsten Bezirk Safaranija gefunden haben. "Jeder bringt etwas mit“, erklärt Mubareka die Arbeitsweise der Assoziation, die gut in den sozialen Medien vernetzt ist und bis zu 4.000 ständige Follower hat. "Und wir schauen, ob es wächst“. Im Internet werden dann die Resultate veröffentlicht als Anleitung zum Pflanzen, welches Gewächs wo am besten gedeiht.
Bei der Bewässerung von Tausenden Setzlingen helfen der Tigris oder der Brunnen, den sie selbst gebohrt haben. Die beiden ständigen Mitarbeiter werden durch Spenden und Mitgliedsbeiträge finanziert. Früher lagen auf dem Grundstück der Baumschule Orangenplantagen, jetzt wachsen hier Bäume aus der ganzen Welt. An Wasser mangelt es Muwafaq und seinem Cousin Ali derzeit nicht. Der Tigris führt im Frühjahr 2021 so viel Wasser wie schon lange nicht mehr. "Ein positiver Effekt des Klimawandels“, kommentiert Forstwirt Mubareka die überraschende Entwicklung.
In der Türkei und im Iran, die den Tigris speisen, habe es heftige Fluten gegeben und das Wasser käme jetzt im Irak an. Muwafaq freut sich, dass nun wieder mehr angebaut werden kann. Der Sommer allerdings wird extrem heiß. Wochenlang liegt das Thermometer bei 50 Grad und darüber. Die Wasserstände schrumpfen gewaltig, Dürre macht sich breit.
Bei der Bewässerung von Tausenden Setzlingen helfen der Tigris oder der Brunnen, den sie selbst gebohrt haben. Die beiden ständigen Mitarbeiter werden durch Spenden und Mitgliedsbeiträge finanziert. Früher lagen auf dem Grundstück der Baumschule Orangenplantagen, jetzt wachsen hier Bäume aus der ganzen Welt.
An Wasser mangelt es Muwafaq und seinem Cousin Ali derzeit nicht. Der Tigris führt im Frühjahr 2021 so viel Wasser wie schon lange nicht mehr. "Ein positiver Effekt des Klimawandels“, kommentiert Forstwirt Mubareka die überraschende Entwicklung.
In der Türkei und im Iran, die den Tigris speisen, habe es heftige Fluten gegeben und das Wasser käme jetzt im Irak an. Muwafaq freut sich, dass nun wieder mehr angebaut werden kann. Der Sommer allerdings wird extrem heiß. Wochenlang liegt das Thermometer bei 50 Grad und darüber. Die Wasserstände schrumpfen gewaltig, Dürre macht sich breit.
Bagdad ist eine schmutzige Braut
Im Januar 2004 kam der Forstwirtschaftler zurück in den Irak, um nach über 30 Jahren seine Familie wiederzusehen, "oder das, was von ihr noch übrig war“. Er blieb nur ein paar Wochen. "Es war ein Schock für mich.“ Als er den Irak Anfang der 1970er Jahre zum Studium verlassen hatte, boomte die Wirtschaft, das Öl verschaffte den Menschen Reichtum und der Dinar war drei US-Dollar wert. Bei seiner Rückkehr fand er überall Stacheldraht, Betonmauern, Einschusslöcher von drei Kriegen, zerbombte Gebäude, Trümmer – und ein US-Dollar brachte 1.200 Dinar.
"Bagdad war für mich wie eine Braut, deren Kleid sehr schmutzig war“, erinnert sich Mubareka an seine ersten Reaktionen, "und ich muss es säubern“. Es sollte allerdings noch fünf Jahre dauern, bis der Iraker den endgültigen Schritt aus Kanada zurück in seine Heimat vollzog, "um meinem Land etwas zurückzugeben“. Seine Frau und die drei erwachsenen Töchter entschieden sich zu bleiben.
Anfangs hat sein Verein lediglich Bäume in den Städten gepflanzt – in Bagdad, Basra, Najaf, Kerbela, aber auch Ramadi und Falludscha, die schwer vom Terror des IS betroffen waren. Doch eigentlich will der Holzfachmann Wälder pflanzen. Der Wald ist die eigentliche grüne Lunge des Planeten. Bäume entziehen der Atmosphäre beim Wachstum Kohlendioxid und setzen Sauerstoff frei.
Nur Parteisoldaten im Landwirtschaftsministerium
Wälder sind deshalb gigantische Kohlendioxidspeicher. Wie viel sie genau speichern, ist abhängig von der Baumart und den Bedingungen vor Ort. Die Aufforstung in Salman Pak im Süden von Bagdad sollte erst der Anfang sein, der Probelauf zusagen. Es sei nicht leicht herauszufinden, wo was am besten wächst. Der Irak sei so vielschichtig. Wüsten im Süden, Berge und Schnee im Norden. Da müsse man gezielt ran, weiß Mubareka. Auch hier sind sein Problem wieder die irakischen Behörden. Man stelle sich mal vor, dass in der Forstabteilung des Landwirtschaftsministeriums kein Forstwirt sitzt. "Alles Parteisoldaten.“
Doch Mubareka gibt nicht auf. Sein nächstes Ziel ist die Pflanzung eines hundert Hektar großen Waldes: "Das ist es!“ Er weiß auch schon wo. Im Norden Iraks, in der Provinz Kirkuk. "Dort gibt es einen Wald in der Nähe des Dorfes Dibis, der fast komplett durch die heftigen Kämpfe zwischen den irakischen Sicherheitskräften, den kurdischen Peschmerga-Kämpfern und dem IS zerstört wurde.
Bei ihrem Rückzug hat die Terrormiliz verbrannte Erde hinterlassen, viele Bäume standen in Flammen und verkohlten. Ein verheerendes Bild, einem Inferno gleich, das sich Muwafaq bot, als er einige Monate nachdem der IS besiegt war, dorthin fuhr und es sich anschaute. Ein 50 Jahre alter Eukalyptusbaum hat die Gefechte überlebt, 1,20 Meter Durchmesser, "wunderschön“. Vor diesem Überlebenskünstler ließ sich Mubareka voller Bewunderung fotografieren und postet seitdem das Foto wie eine Visitenkarte.
© Qantara.de 2021
Der Text ist ein Auszug aus einem Buch über Menschen, die sich überall auf der Welt für den Klimaschutz engagieren. Weltreporter haben diese heimlichen Heldinnen und Helden auf dem ganzen Globus gefunden, besucht und begleitet. "Die Klimakämpfer – wer unseren Planeten wirklich rettet“ erscheint am 9. November 2021 im Penguin Verlag, herausgegeben von Marc Engelhardt (Weltreporter Netzwerk), 226 Seiten