Mehr als reine Symbolpolitik

Die Beantragung eines Haftbefehls gegen Sudans Präsidenten Al-Baschir mag keine politische Konsequenzen haben: Doch zumindest reagieren müssen er und seine Freunde auf den Völkermord-Vorwurf. Ein Kommentar von Stefanie Duckstein.

Die Beantragung eines Haftbefehls gegen Sudans Präsidenten Al-Baschir mag keine politische Konsequenzen haben: Doch zumindest reagieren müssen er und seine Freunde auf den Völkermord-Vorwurf. Ein Kommentar von Stefanie Duckstein.

Sudans Präsident Al-Baschir; Foto: AP
Al-Baschir werden Kriegsverbrechen zur Last gelegt, die er geplant und ausgeführt haben soll, um in Darfur Teile der sudanischen Bevölkerung aus ethnischen Gründen zu beseitigen.

​​Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofes, Luis Moreno-Ocampo, hat schweres Geschütz in Stellung gebracht: Er hat am vergangenen Montag (14.7.2008) einen Haftbefehl gegen den sudanesischen Präsidenten Omar Hassan al-Baschir beantragt.

Seine Begründung: Völkermord in der Krisenregion Darfur. Zudem verweist Ocampo auf Beweise, die den Präsidenten in zehn Fällen des Kriegsverbrechens und des Verbrechens gegen die Menschlichkeit überführen sollen.

Wolkige Haltung der Weltgemeinschaft

Ein mutiger Schritt Ocampos, der allerdings das Regime in der Hauptstadt Khartum nicht so stark unter Druck setzen wird, wie es zu wünschen wäre. Trotzdem ist es weitaus mehr als ein rein symbolischer und längst überfälliger Schritt.

Denn bisher war die Haltung der Weltgemeinschaft eher wolkig. Das blutige Gemetzel an der sudanesischen Bevölkerung sorgt seit Jahren für erschütternde Schlagzeilen. Offenbar nicht erschütternd genug, um Maßnahmen mit Konsequenzen zu ergreifen.

Alle bisherigen Versuche, dem Morden in Darfur ein Ende zu bereiten, verliefen buchstäblich im Sande. Jede politische Lösung des Krieges in Darfur verspottete Al-Baschir mit Nichtachtung.

Zu wirtschaftlichen Sanktionen konnten sich die Vereinten Nationen nicht durchringen. Und die militärischen Schritte? Eine Farce. Die Chinesen unterlaufen ein Waffenembargo und liefern fleißig Munition, Kriegswerkzeug und Ausbildung für sudanesische Soldaten.

Hilflose Versuche

Für die gemeinsame Friedenmission, bestehend aus Soldaten der UN und der Afrikanischen Union, musste UN-Generalsekretär Ban Ki Moon bei den Truppenstellerstaaten betteln gehen. Mit dem Ergebnis, dass heute nicht einmal ein Drittel der geplanten 26.000 Soldaten in Darfur angetreten ist.

Sudan/Fotomontage: Präsident al Baschir, Flüchtlinge im Darfur, Internationaler Strafgerichtshof in Den Haag; Foto: AP
Nach Schätzungen der Vereinten Nationen hat der Darfur-Konflikt in den vergangenen Jahren 300.000 Menschen das Leben gekostet. 2,5 Millionen wurden vertrieben.

​​Erschwerend kommt hinzu: Die Blauhelme haben kein Mandat, die schwarzafrikanischen Rebellen oder die Dschandschawid-Milizen zu entwaffnen. Alles hilflose Versuche, die auch im fünften Jahr der Krise kein Ende bereiten konnten.

Das Vorpreschen Ocampos ist auch deshalb bemerkenswert, weil das Weltgericht erstmals seit seinem zehnjährigen Bestehen Anklage gegen ein noch amtierendes Staatsoberhaupt erhebt. Es zeigt, dass auch ranghohe Politiker, selbst Staatpräsidenten, nicht gefeit sind vor strafrechtlicher Verfolgung, wenn sie sich Menschenrechtsverletzungen schuldig machen.

Schlechte Erfahrungen

Doch wie viel Biss, oder besser: wie wenig Biss die Anklage schließlich haben wird, kann man ablesen an vorangegangenen Haftbefehlen: Gegen zwei mutmaßliche sudanesische Kriegsverbrecher hat der Internationale Strafgerichtshof bereits Anklage erhoben.

Doch der Arm der internationalen Strafjustiz ist nicht lang genug. Khartum verweigert die Auslieferung und machte stattdessen den Angeklagten Ahmad Harun zum Staatsekretär für humanitäre Fragen. Ein Schlag ins Gesicht für jeden rechtsempfindenden Menschen.

So dürfte auch der Den Haager Vorstoß für die Menschen in Darfur keine Sicherheit bringen. Denn der Sudan erkennt das Strafgericht nicht an und Al-Baschir darf weiter auf die Rückendeckung seiner Freunde setzen:

Die Afrikanische Union hat bereits vor den Risiken eines Prozesses gegen das sudanesische Staatsoberhaupt gewarnt. Und auch die Chinesen werden sich weiterhin das lukrative Geschäft mit dem Sudan kaum entgehen lassen.

Stefanie Duckstein

© DEUTSCHE WELLE 2008

Qantara.de

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