Sicherheitsrat unter Druck
Nach langem Warten und wachsendem internationalem Druck hatte der UN-Sicherheitsrat der sudanesischen Regierung Ende Juli eine Frist bis 30. August gesetzt. Bis zum diesem Zeitpunkt solle Khartoum die arabischen Dschandschawid-Milizen entwaffnen, hieß es aus New York.
Konkrete Konsequenzen für eine Nichteinhaltung der Frist wurden nicht verabschiedet. Bei den Angriffen der arabischen Milizen auf die schwarzafrikanische Zivilbevölkerung in der Region Darfur sind nach unterschiedlichen Schätzungen bislang rund 30.000 bis 50.000 Menschen getötet worden.
Trotz der Frist der Vereinten Nationen macht die sudanesische Regierung offenbar keine Anstalten die Milizen zu entwaffnen. So ist die Regierung in Khartoum nach Angaben des Vorsitzenden der Afrikanischen Union (AU), Nigerias Präsident Olusegun Obasanjo, für Überfälle auf Dörfer am vergangenen Wochenende verantwortlich.
Bei den Angriffen starben rund 75 Menschen. Ähnliche Kritik kam von der EU und internationale Organisationen wie Human Rights Watch und der Welthungerhilfe. Agnes van Ardenne, Entwicklungshilfeministerin der Niederlande, die derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehaben, bezeichnete die Lage in Darfur als "weiterhin dramatisch". Sie ergänzte, ihr Land sei auch bereit, die Initiative zu ergreifen, wenn sich Sanktionen als nötig erweisen sollten.
Taten nach Worten
Der Hinweis der Ministerin kann durchaus als Fingerzeig in Richtung des Sicherheitsrats verstanden werden, den Worten jetzt auch Taten folgen zu lassen. Ohnehin ist der internationale Druck auf die Vereinten Nationen in den vergangenen Wochen stetig gewachsen, die Regierung in Khartoum notfalls auch durch Sanktionen zum Einlenken zu zwingen.
"Ich glaube, dass man sich auf irgend einen Kompromiss einigen wird, wie auch immer er ausfällt", sagt UN-Experte Günther Unser im Gespräch mit DW-WORLD. Es sei auf Grund des großen Drucks durchaus wahrscheinlich, dass Sanktionen gegen Khartoum verhängt würden, aber denkbar sei auch, dass die Frist noch einmal verlängert werde.
"Ein generelles Problem der UNO ist, dass relativ schnell Sanktionen verhängt werden, ohne vorher zu prüfen, ob sie überhaupt wirken können", betont Unser und ergänzt: "Deshalb ist man in den vergangenen Jahren ja dazu übergegangen auf smart sanctions zu setzen."
Als sogenannte smart sanctions oder intelligente Sanktionen werden Maßnahmen bezeichnet, die nur bestimmte Gruppen von Personen treffen sollen oder im Falle von Embargos nur bestimmte Warengruppen einschließen.
Für Sudan halten Experten ein Waffenembargo - eine Art von smart sanction - für eine mögliche Sanktion. Ob der Sicherheitsrat sich aber tatsächlich dazu durchringt, hängt vor allem vom Druck auf die ständigen Mitglieder Russland und China ab. Beide sowie Pakistan und Algerien haben verhindert, dass die ursprüngliche Fristsetzung nicht zugleich an eine Sanktionsdrohung geknüpft wurde.
Mögliche Koalition für Sanktionen
Neben den USA plädieren auch Berlin und andere europäische Regierungen für eine härtere Haltung gegenüber Khartoum. In dieser transatlantischen Zusammenarbeit könnte der Schlüssel zur Verhängung von Strafmaßnahmen gegen den Sudan liegen.
"Die Europäer stellen derzeit ein Drittel der Mitglieder des Sicherheitsrats, davon zwei ständige", betont UN-Experte Unser. Wenn sie sich einig über einen gemeinsame Haltung zu Khartoum seien, hätten sie gemeinsam mit den USA eine gewichtige Stimme im Sicherheitsrat.
Ob es zu einem härteren Kurs gegenüber der Regierung des Sudan kommt, wagen auch Experten unter Verweis auf die fehlende Bereitschaft der Staatengemeinschaft, sich selbst im Sudan zu engagieren, nicht zu prognostizieren. "Es ist bezeichnend, dass Kofi Annan, als er nach möglichen Soldaten für eine Friedenstruppe für den Sudan fragte, keine Zusage bekam", sagt Unser.
Michael Knigge
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