Initiative für palästinensisch-israelischen Dialog
Der ehemalige israelische Justizminister Yossi Beilin blickt in die Kamera und sagt den palästinensischen Zuschauern: "Wir sind Menschen, und ihr seid Menschen, wir sind wütend und ihr auch."
Die Kamera nähert sich seinem Gesicht. "Es ist Zeit, dass wir uns an einen Tisch setzen und sagen, dass wir hier nur zusammen leben können, nebeneinander. Ihr seid unsere Partner."
Der palästinensische Chefunterhändler in den palästinensisch-israelischen Verhandlungen Saeb Erakat erklärt den Israelis, dass die Sache sehr einfach sei: "Entweder gewinnen wir beide oder wir verlieren zusammen."
Dann hebt er seine Stimme: "Die These, dass Ihr keinen Gesprächspartner habt, ist die größte Lüge. Wir, die palästinensische Führung, sind Eure Partner, und wir sind zum Frieden und zu einer "Zwei-Staaten-Lösung" verpflichtet, die auch möglich ist."
Ein Jahr nach der Unterzeichnung des Genfer Abkommens, in dem Israelis und Palästinenser einen Rahmen für ein Endabkommen vereinbart hatten, lancieren seit Anfang Dezember 2004die gleichen Aktivisten eine Medienkampagne unter dem Titel "Ja zum Abkommen". Sechs palästinensische und sieben israelische Politiker treten vor die Kamera.
Politische Überzeugungsarbeit auf beiden Seiten
Auf israelischer Seite sind es Yossi Beilin, der Initiator der Genfer Initiative, der ehemalige Parlamentspräsident, Avraham Burg, die Ex-Ministerin, Yuli Tamir, die Vize-Bürgermeisterin von Tel Aviv-Jaffa, Yael Dayan, der Parlamentsabgeordnete der Arbeitspartei, Amram Mitzna, und die Reservegeneräle Giora Inbar and Shaul Arieli.
An die Israelis appellieren der ehemalige palästinensische Informationsminister Yasser Abed Rabbo, der Minister Kadoura Fares, der Sicherheitsberater der Palästinenserbehörde, Jibril Rajoub, Chefunterhändler Saeb Erekat, Frauenministerin Zahira Kamal und der Direktor der Feisal-Husseini-Stiftung, Abed al Kader al Husseini.
Sie alle sitzen im gleichen orientalischen Wohnzimmer und versuchen, in kurzen Reden das jeweils andere Volk zu überzeugen, dass sie verlässliche Gesprächspartner für ein Friedensabkommen sind. Der siebte Palästinenser, der Parlamentarier Mohammed Horani, erhielt erst mal keine Aufenthaltsgenehmigung in Jerusalem.
"Ich bin Jude, ich liebe meine Religion, meinen Gott und meine Kultur", sagt Burg. "Ich möchte nicht, dass ihr denkt, dass das Judentum nur aus Checkpoints, Siedlungen, Mauern und Besatzung besteht."
Abed Rabbo spricht über die Ängste der Kinder vor explodierenden Bussen und Bomben. "Wir können die israelische und palästinensischen Kinder schützen", sagt er und fügt hinzu: "Aber die Grundlage für diese Sicherheit ist nur ein gegenseitig anerkannter Frieden."
Verhaltener Optimismus
Nach dem Tod Jassir Arafats hat das Projekt eine noch größere Relevanz erfahren, meint Dror Sternschuss, der israelische Kampagne-Manager. Die Ängste der beiden Völker nehmen sie sehr ernst. In den TV-Spots versuchen die Palästinenser, die Sorgen der Israelis zu zerstreuen, dass das Existenzrecht Israels in Frage gestellt würde.
Die Israelis wiederum sprechen von der Notwendigkeit, die Besatzung zu beenden. Und beide Seiten versuchen "das Mantra der Scharon Regierung" zu durchbrechen, wonach Israel keinen palästinensischen Partner habe, so der palästinensische Direktor der Genfer Initiative, Elias Zananiri.
Dass die neuen Spots in zwölf privaten Fernsehsendern in der Westbank laufen, ist ein Zeichen des vorsichtigen Optimismus vor den Wahlen und dem israelischen Rückzug aus dem Gazastreifen.
"Vor sechs Monaten waren die Reaktionen auf diese Sendung sehr harsch", sagt Tariq Jabara, Direktor des Fernsehsenders in der Stadt Qalqilyah. Ein Fernsehsender in Ramallah musste damals die Sendungen kurzfristig einstellen, nachdem Militante Sachschaden angerichtet hatten.
Anfang Dezember herrschte bereits eine andere Stimmung in den Palästinensergebieten. Sender, die zuerst eingeschüchtert wurden, "weil Palästinenser in den vergangenen vier Jahren der Intifada von Extremisten und Militanten als Geisel genommen wurden", nahmen diesmal daran teil, sagt Zananiri.
Er glaubt, dass nach Ende der Trauerzeit um Arafat und nach den Präsidentschaftswahlen ab Mitte Januar auch das staatliche palästinensische Fernsehen sowie der Satellitenkanal Al Arabiya die Werbespots ausstrahlen werden.
Zäsur nach Arafats Tod
Dass die Kampagne kurz nach dem Tod Arafats begann, verärgerte allerdings auch viele Palästinenser, "die nicht bereit waren, etwas anderes zu hören, als Abschiedsreden für den verstorbenen Präsidenten." Im Internet ist die Ausstrahlung der Spots kaum möglich, da in den Palästinensergebieten die hierfür notwendigen technischen Möglichkeiten fehlen.
Die Israelis können die palästinensischen Politiker in 200 Kinosälen sehen. "Dadurch stellen wir ihre Legitimität wieder her und verleihen ihnen ein positives Image", sagt Sternschuss.
Das israelische Fernsehgesetz verbietet politische Werbung, aber 75.000 Israelis haben bereits die Spots im Internet gesehen. "Die Resonanz war überwiegend positiv, aber da wir die Konfliktthemen nicht ausklammern, gab es auch Kritik."
Finanziert wurde die 200.000 Dollar teure Kampagne ausschließlich von europäischen Spendern - vor allem durch die schwedische Regierung. Die Videospots werden bis Ende Februar gezeigt. Die Initiatoren erwarten, dass sie dadurch mehr Unterstützung für ein Endabkommen gewinnen können.
Anschließend wird eine Umfrage zeigen, ob weitere Clips gemeinsam mit Studenten, Bürgermeistern und Gewerkschaftlern produziert werden.
Igal Avidan
© Qantara.de 2005
Alle Videospots der Initiative mit englischen Untertiteln finden Sie hier