Direkter Draht zu Saddam Hussein?
Der Fernsehjournalist Adnan el Scharif ist am Dienstag (3.6.2003) vom Verwaltungsrat des Nachrichtensenders zum Interims-Generaldirektor gewählt worden. Das berichtet die Nachrichtenagentur AFP. Der 55-jährige Palästinenser übernimmt den Posten von Mohammed Dschassem el Ali. Der langjährige Chef des in Katar ansässigen Senders hatte vor einigen Tagen seinen Hut genommen.
Verbindungen zum Geheimdienst des Diktators?
Ali wurde vorgeworfen, vor dem Irak-Krieg mit dem Geheimdienst der Regierung von Saddam Hussein kooperiert zu haben. Das deutsche Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" und die Londoner "Sunday Times" zitierten zudem kürzlich aus Geheimdienstakten, nach denen weitere hochrangige Mitarbeiter des Senders für den iraktischen Geheimdienst tätig waren. "El Dschasira" hat sich laut Presseberichten bislang nicht zu den Vorwürfen geäußert. Der Sender soll erklärt haben, der Direktor habe selbst gekündigt.
Der TV-Kanal war vor dem Irak-Krieg der einzige, der ohne Überwachung durch das Informationsministeriums aus Bagdad berichten durfte. Während des Kriegs kritisierten die USA und Großbritannien den Sender, weil er Bilder von US-Kriegsgefangenen und toten US-Soldaten sowie von schwer verwundeten irakischen Zivilisten gezeigt hatte. Der Chef des oppositionellen Irakischen Nationalkongresses, Ahmed Tschalabi, warf mehreren El-Dschasira-Journalisten vor, für irakische Geheimdienste gearbeitet zu haben. Er berief sich dabei auf Dokumente aus irakischen Staatsarchiven.
ZDF steht zu "El Dschasira"
Die Turbulenzen bei "El Dschasira" bringen zunehmend auch das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) in Erklärungsnöte. Das ZDF will trotz der Gerüchte an der Kooperation mit dem Sender festhalten. Noch seien die Vorwürfe "nicht erhärtet", sagte ein Sprecher am Dienstag der Nachrichtenagentur epd.
Mit seiner umfassenden Berichterstattung über den Afghanistan-Krieg Ende 2001 wurde "El Dschasira" weltweit bekannt. Der Sender erregt auch immer wieder Aufsehen mit angeblichen Tonbändern und Videoaufnahmen des untergetauchten Chefs des Terrornetzwerks El Kaida, Osama bin Laden.
(hh, © 2003, Deutsche Welle)