Washingtons fragwürdige Freunde

Um das Regime in Teheran zu stürzen, finanzieren die USA Untergrund-Aktivitäten im Iran. Dabei werden Gruppen unterstützt, die Washington normalerweise als islamistisch und terroristisch einstufen würde. Peter Philipp berichtet.

US-Präsident George W. Bush; Foto: AP
Die Details über die 400 Millionen Dollar-Hilfe der USA bleiben der Öffentlichkeit verborgen: Sie stehen im geheimen Präsidentenerlass.

​​In den letzten Monaten seiner Amtszeit scheint US-Präsident George W. Bush reinen Tisch machen zu wollen und dabei sogar bereit zu sein, die "Achse des Bösen" aufzulösen, die ihm so lange als Inkarnation eines Feindbildes gedient hatte:

Nordkorea wurde von Washington offiziell aus der "Achse" entfernt, nachdem es sich in der Atomfrage konziliant und gefügig erwiesen hat Das Weiße Haus hat auch hingenommen, dass Israel indirekt – und bald wohl auch direkt – mit Syrien über eine Friedensregelung verhandelt: Bei positivem Verlauf dieser Verhandlungen dürfte Damaskus deswegen als nächster aus der "Achse des Bösen" ausscheiden.

Damit gäbe es keine Achse mehr, weil nur noch der Iran übrig bliebe. Dieser aber dürfte sich kaum Hoffnungen machen, auch von dem Makel des "Bösen" befreit zu werden.

Im Gegenteil: Das Weiße Haus scheint entschlossen, nun umso entschiedener gegen den Iran vorzugehen. Wie Präsident Bush während seiner Abschiedstournee durch Europa nicht nur einmal versicherte: Alle Optionen sind offen.

Ein geheimer Präsidentenerlass

Wer hierbei an direkte US-Angriffe auf den Iran gedacht hatte, der dürfte sich täuschen. Bush dachte wohl eher an Untergrund-Operationen im Iran selbst.

Er selbst hat Ende letzten Jahres beim Kongress erfolgreich die Finanzierung von Untergrund-Aktivitäten im Iran durchgesetzt, die sich auf 400 Millionen Dollar belaufen soll und deren Details in einem geheimen Präsidenten-Erlass ("Presidential Finding") enthalten sind, über den jetzt der "New Yorker" berichtet.

Der prominente Vertreter dieses Blattes, Seymour Hersh, schildert darin ausführlich, wie Bush mit Hilfe von Geheimdienstaktionen und einheimischen Helfern im Iran plant, das Teheraner Regime zu destabilisieren.

Barack Obama vor dem Weißen Haus; Foto: AP
Der Präsidentschaftskandidat der Demokraten, Barack Obama, sprach sich wiederholt für Verhandlungen mit dem Iran aus.

​​Ein Teil des Konzepts ist bereits seit geraumer Zeit bekannt, neu hingegen ist die verstärkte Finanzierung durch den Kongress, der immerhin von den Demokraten beherrscht wird, deren Präsidentschaftskandidat, Barack Obama, sich offen für Diplomatie und Verhandlungen mit dem Iran ausspricht.

Der genaue Verwendungszweck der Gelder ist unbekannt und deswegen auch Anlass zur Befürchtung von Missbrauch. Es liege aber in der Natur der Sache, dass über den Einsatz dieser Gelder nicht Buch geführt und öffentlich Rechenschaft abgelegt wird.

Neue Taliban…

Soviel aber stehe fest: Washington habe seine Unterstützung für ethnische Minderheiten im Iran verstärkt – darunter vor allem die Belutschen im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet – und eine Reihe von Explosionen und bewaffneten Zwischenfällen im Südiran seien möglicherweise auf diese Zusammenarbeit zurückzuführen.

Amerikanische Experten warnen freilich, dass die Zusammenarbeit mit bewaffneten Belutschen – und da besonders mit der Bewegung der "Jund Allah" ("Gottessoldaten") – gefährlich an die Unterstützung erinnere, die Washington seinerzeit über Saudi-Arabien und Pakistan den Taliban in Afghanistan leistete:

"Jund Allah" ist eine kleine, aber äußerst militante sunnitische Gruppierung, die der Ideologie der Taliban und Al Qaidas nahe stehe und die sich durch extreme Gewaltbereitschaft hervortue.

…und alte Bekannte

Auch im Norden des Iran ist seit längerer Zeit US-Hilfe für militante Gruppen im Gange. Gruppen, die sonst eigentlich von Washington selbst als "terroristisch" eingestuft werden:

So soll der iranische Zweig der (sonst in der Türkei aktiven) PKK bereits seit Jahren von Washington Ausbildung und Nachschub erhalten, nämlich die "PJAK" – die "Partei für ein Freies Leben in Kurdistan", die in letzter Zeit ihre Angriffe auf iranische Grenzposten und staatliche Einrichtungen im Nordwestiran intensiviert hat.

Bombenanschlag im Iran im Februar 2007; Foto: AP
Vor allem im Südiran, wie hier in Zahedan im Februar 2007, kommt es immer wieder zu Anschlägen. Die militanten Gruppen sollen Finanzspritzen aus den USA erhalten.

​​Und auch die "Mujaheddin Khalk Organisation" (MKO) wird von Washington unterstützt: Die "Volksmudschaheddin" werden vom US-State Department zwar als Terrororganisation gelistet, sie waren es aber auch, die Washington vor Jahren maßgebliche Informationen über die iranischen Atomprojekte zugespielt hatten.

Die "MKO" hatte zur Zeit Saddam Husseins Einheiten im Irak stehen, über deren Zukunft – inzwischen sind sie entwaffnet und unter Kontrolle der US-Streitkräfte – immer noch keine endgültige Entscheidung gefallen ist.

Irak als mögliche Operationsbasis

Während die USA diese Leute sicher gerne als Agenten gegen Teheran einsetzen möchten, hat der irakische Ministerpräsident Nuri Al-Maliki kürzlich Teheran zugesichert, dass er jeden Kontakt zuwischen der MKO und Ausländern unterbinden wolle: Ihm ist nicht daran gelegen, sein Land zur Ausgangsbasis für anti-iranische Operationen werden zu lassen.

Umgekehrt kann den USA auch nicht daran gelegen sein, dass ihre Truppen im Irak zur Zielscheibe direkter oder indirekter iranischer Angriffe werden. Militärische Kreise in den USA warnen deswegen vor einer Ausweitung der amerikanischen Untergrundtätigkeit im Iran. Einer der prominentesten Gegner dieser Aktionen soll Verteidigungsminister Robert Gates sein.

Militärisch wirkungslos

Andere Experten mahnen, dass die so großzügig finanzierten Aktionen ihr erhofftes Ziel ohnehin nicht erreichen werden: Die von Washington unterstützten Gruppen sind nicht nur politische und ideologisch mehr als zweifelhaft, sie sind auch nur kleine Minderheiten im Iran und werden keinen Regimewechsel herbeiführen können.

Im Gegenteil: Terroranschläge und andere Gewalttaten dieser Gruppen werden die Bevölkerung des Iran nur enger zusammenschweißen – gegen diese Gruppen, mehr aber noch gegen die USA – und das Regime wird davon nur profitieren.

Peter Philipp

© DEUTSCHE WELLE 2008

Der Nahost-Experte Peter Philipp ist Chefkorrespondent der Deutschen Welle. Er war 23 Jahre Korrespondent in Jerusalem.

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