Dschihadistenmiliz IS bekennt sich zu Anschlag mit 84 Toten im Iran

Viele Tote und Verletzte: Zwei Bomben explodierten in der Stadt Kerman, hier sind Rettungskräfte im Einsatz
Viele Tote und Verletzte: Bei einem Anschlag des IS explodierten zwei Bomben in der Stadt Kerman, hier sind Rettungskräfte im Einsatz. (Foto: Mahdi K. Ravari/Mehr News/AP/dpa/picture alliance)

Teheran. Nach dem Doppel-Anschlag mit 84 Toten und mehr als 280 Verletzten im südiranischen Kerman hat sich die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) zu der Tat bekannt. Zwei ihrer Mitglieder hätten sich inmitten von "Abtrünnigen" in die Luft gesprengt, erklärte die sunnitische Dschihadistenmiliz am Donnerstag. Zuvor hatte die Führung in Teheran Israel und die USA für den schwersten Anschlag im Iran seit 45 Jahren verantwortlich gemacht. 
 
In der Erklärung des IS im Onlinedienst Telegram hieß es mit Blick auf den mehrheitlich schiitischen Iran, zwei IS-Mitglieder hätten bei einer "großen Versammlung von Abtrünnigen" ihre Sprengstoffgürtel "aktiviert". Der Iran gedachte der vielen Opfer am Donnerstag mit einem landesweiten Trauertag. 

Zwischenzeitlich war in iranischen Staatsmedien von mehr als hundert Toten die Rede gewesen. Am Donnerstag erklärte der iranische Innenminister Ahmad Wahidi, es gebe 84 Todesopfer. Zudem wurden nach Angaben der Rettungsdienste 284 Menschen verletzt, von ihnen wurden 195 noch im Krankenhaus behandelt. 
Wahidi kündigte laut iranischer Nachrichtenagentur Isna als Konsequenz aus dem Anschlag verstärkte Sicherheitsvorkehrungen an den Landesgrenzen zu Afghanistan und Pakistan an. 
 
Die beiden Sprengsätze waren gezündet worden, als in Kerman zahlreiche Menschen an den vor vier Jahren vom US-Militär getöteten General Kassem Soleimani erinnerten. Soleimani hatte die Al-Quds-Brigaden befehligt, die für Auslandseinsätze zuständige Abteilung der iranischen Revolutionsgarden, und war an der Bekämpfung des IS im Irak beteiligt. 
 
Vor dem Bekenntnis des IS schrieb der iranische Präsidentenberater Mohammed Dschamschidi im Online-Dienst X, vormals Twitter, die "Verantwortung für dieses Verbrechen" liege "bei den USA und dem zionistischen Regime und der Terrorismus ist nur ein Werkzeug". Der derzeitige Befehlshaber der Al-Quds-Brigaden, Esmail Kaani, erklärte, die Menschenmenge in Kerman sei "von blutrünstigen Menschen angegriffen worden, die von den Vereinigten Staaten und dem zionistischen Regime ausgerüstet" worden seien. 
 
Washington wies die Vorwürfe zurück. US-Außenamtssprecher Matthew Miller bezeichnete "jegliche Andeutung" einer US-Beteiligung als "lächerlich". Seine Regierung habe auch "keinen Grund zu der Annahme", dass Israel mit dem Vorfall zu tun habe, sagte Miller vor einer Nahost-Reise von US-Außenminister Antony Blinken. Ein hochrangiges Mitglied der US-Regierung verwies auf die Ähnlichkeit des Anschlags mit früheren Angriffen des IS. 
 
Zahlreiche Länder verurteilten den Anschlag in Kerman, darunter China, Saudi-Arabien und Russland. Syrien sprach dem Iran "seine volle Solidarität angesichts der Terrorangriffe und schändlichen Verschwörungen" aus. Beileidsbekundungen kamen auch aus der Europäischen Union. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell schrieb nach einem Telefonat mit dem iranischen Außenminister Hossein Amir-Abdollahian in Online-Netzwerken, er habe "diesen Terroranschlag auf das Schärfste verurteilt" und seine "Solidarität mit dem iranischen Volk" ausgedrückt. 

Das Auswärtige Amt hatte am Mittwochabend "zutiefst betroffen" auf "diesen Terrorakt" reagiert. Der UN-Sicherheitsrat verurteilte den "feigen Terrorakt in der Stadt Kerman am Donnerstag auf das Schärfste" und bezeichnete "Terrorismus in all seinen Formen" als "eine der größten Bedrohungen für internationalen Frieden und Sicherheit". Zugleich wurden in der gemeinsamen Erklärung alle Staaten aufgerufen, bei der Verfolgung der für den Doppel-Anschlag Verantwortlichen "aktiv" mit dem Iran zusammenzuarbeiten. 
 
Die Tat ereignete sich vor dem Hintergrund erhöhter Spannungen in der Nahost-Region. Es war der Anschlag mit den meisten Todesopfern im Iran seit 1978. Er schürte Befürchtungen, der seit drei Monaten andauernde Krieg zwischen Israel und der vom Iran unterstützten Palästinenserorganisation Hamas im Gazastreifen könnte sich auf die Region ausweiten. Zuvor hatte bereits die mit der Hamas verbündete pro-iranische Hisbollah im Libanon angesichts der Tötung des Hamas-Vizechefs Saleh al-Aruri in einem Vorort der libanesischen Hauptstadt Beirut mit Vergeltung gedroht. (AFP)