Wie ein Fisch im Wasser
Staatsoberhäupter aus aller Welt gratulierten Joko Widodo schon, als viele Indonesier nach der offiziellen Bekanntgabe des Ergebnisses am 22. Juli noch angespannt abwarteten. Die Wahlkommission (KPU) teilte mit, dass Jokowi und Jusuf Kalla, sein Kandidat für die Vizepräsidentschaft, mehr als 53 Prozent erreicht hatten. Prabowo und sein Partner Hatta Rajasa kamen auf nicht einmal 47 Prozent.
Prabowo erwies sich als schlechter Verlierer. Er zog sich aus dem Wahlvorgang kurz vor der Ergebnisbekanntgabe zurück und redete plötzlich von Betrug. Er forderte Neuwahlen und versprach, Amtsmissbrauch zu beweisen. Er legte aber keine schlüssigen Belege vor. Später klagte er vor dem Verfassungsgericht. Beobachter vermuten aber, dass er das nicht in der Hoffnung tat, Recht zu bekommen, sondern um ein mögliches Bußgeld oder sogar eine Haftstrafe wegen Störung des Wahlvorgangs zu vermeiden.
Das Verfassungsgericht muss nun bis Ende August entscheiden. So lange wird es keine völlige Sicherheit über den Wahlausgang geben. Viele von Prabowos Unterstützern wenden sich jedoch schon jetzt enttäuscht von ihm ab.
Vor der Veröffentlichung der Ergebnisse hatten viele Indonesier Angst wegen Gerüchten, es werde Krawalle geben, falls Prabowo verliere. Sie verstört auch Prabowos Taktiererei, mit der er im Parlament eine dauerhafte Blockademehrheit gegen das neue Staatsoberhaupt schmieden will.
Schmutziger Wahlkampf
In Indonesien – der drittbevölkerungsreichsten Demokratie nach Indien und den USA – sind private Medienhäuser sehr einflussreich. Sie dienen den Interessen ihrer Eigentümer, deren Mehrheit sich Prabowo anschloss. Entsprechend wurde dieser Wahlkampf der schmutzigste und polarisierendste, seit 1998 die autoritäre Herrschaft Suhartos endete.
Prabowo, ein ehemaliger General und ehemaliger Schwiegersohn Suhartos, gehört zur Elite. Jokowi dagegen ist ein Aufsteiger. Sein Wahlkampf war sparsam angelegt. Als Bürgermeister von Solo und dann als Gouverneur von Jakarta hat sich Jokowi einen Ruf als ehrlicher Mann erworben, der eine Politik verfolgt, die breiten Schichten der Bevölkerung dient. Als Schmutzkampagnen großen Stils begannen, setzten sich seine Anhänger für ihn ein und führten Wahlkampf an der Basis.
Prabowos Kampagne war dagegen teuer und von oben orchestriert. Er wollte wegen seiner Rolle in Timor Leste als Militärheld gesehen werden, aber viele halten ihn für einen Menschenrechtsverletzer. In den letzten Monaten des Suharto-Regimes, als viele Menschen umgebracht wurden und "verschwanden", leitete er die Spezialeinheiten der Armee. Später wurde er wegen Befehlsüberschreitung aus dem Militär entlassen und wurde Geschäftsmann.
Der gescheiterte "starke Mann"
Sein reicher Bruder und große Teile der Elite stehen auf seiner Seite. Einige äußerten sogar die Hoffnung, sein immenser Wohlstand werde ihn immun gegen die Korruption machen, die das Land plagt. Prabowo wollte von der Unzufriedenheit der Menschen mit ihrer Lebenssituation profitieren und setzte auf nationalistische Rhetorik. Er gab sich als starker Mann, ähnlich wie Suharto das getan hatte.
Gleich nach den Wahlen vom 9. Juli behaupteten beide Seiten auf der Basis verschiedener Umfragen, sie hätten gewonnen. Prabowo äußerte Drohungen und rief zu Demonstrationen auf, während Jokowi seine Unterstützer aufforderte, ruhig zu bleiben und sich auf den Wahlprozess sowie die Sicherheitskräfte zu verlassen.
Fast 133 Millionen Bürger haben ihre Stimme abgegeben; die Wahlbeteiligung betrug über 70 Prozent. Programmatisch unterschieden sich die Spitzenkandidaten nicht sehr. Beide versprachen eine saubere Regierungsführung. Jokowi betonte allerdings das Modell der politischen Inklusion sowie eine sozial fair gestaltete Wirtschaftsordnung, während Prabowos Bindung an die Elite offensichtlich ist. Wichtiger war vielleicht, dass Jokowi im Wahlkampf unter Beweis stellen konnte, dass er sich in den Menschenmassen wohl wie ein Fisch im Wasser fühlte, während Prabowo alles kontrollieren wollte.
Die Indonesier wollen Veränderung. Sie wissen, dass Jokowi die Chance auf den Wandel, den sie verdienen, verkörpert.
Edith Koesoemawiria
© Zeitschrift für Entwicklung und Zusammenarbeit 2014
Redaktion: Arian Fariborz/Qantara.de