Worum geht es beim Konflikt in Belutschistan?
Ziel des iranischen Luftschlages am Dienstag (16.01.) auf die pakistanische Grenzstadt Panjgur war nach eigenen Angaben die Terrormiliz "Dschaisch al-Adl". Teheran macht die Gruppe für mehrere Anschläge auf Zivilisten und Militärangehörige im Iran verantwortlich.
Am Donnerstag (18.01.) schlug Pakistans Armee zurück. Sie griff ein iranisches Dorf nahe der Stadt Sarawan an, um dort, wie es hieß, Kämpfer der sogenannten "Balochistan Liberation Front" (BLF) auszuschalten. In Islamabad heißt es, es hätten "glaubwürdige Geheimdienstinformationen" über "bevorstehende großangelegte terroristische Aktivitäten" der Gruppe vorgelegen.
Beide Gruppen, Dschaisch al-Adl wie BLF, sind militante separatistische Organisationen, die für eine Unabhängigkeit Belutschistans kämpfen.
Die Belutschen sind eine Volksgruppe, deren Siedlungsgebiet sich zu beiden Seiten der iranisch-pakistanischen Grenze und auch bis in Teile Südafghanistans erstreckt. Insgesamt ist dieses Gebiet ungefähr so groß wie Frankreich. Den größten Teil bildet die pakistanische Provinz Belutschistan, auf iranischer Seite heißt die Region "Sistan-Belutschistan".
Die Region ist gebirgig, geprägt von einem trockenen Wüstenklima und nur dünn besiedelt: Die Zahl der Belutschen insgesamt wird auf rund neun Millionen geschätzt. Auch sind die Belutschen eher in Stämmen organisiert, als dass sie sich einem Staat zugehörig fühlen.
Worum geht es in Belutschistan?
Die Belutschen sind eine Volksgruppe, deren Siedlungsgebiet sich zu beiden Seiten der iranisch-pakistanischen Grenze und bis nach Südafghanistan erstreckt. Insgesamt ist dieses Gebiet ungefähr so groß wie Frankreich. Den größten Teil bildet die pakistanische Provinz Belutschistan, auf iranischer Seite heißt die Region "Sistan-Belutschistan".
Die Region ist gebirgig, geprägt von einem trockenen Wüstenklima und nur dünn besiedelt: Die Zahl der Belutschen insgesamt wird auf rund neun Millionen geschätzt. Auch sind die Belutschen eher in Stämmen organisiert, als dass sie sich einem Staat zugehörig fühlen.
Bestrebungen nach Autonomie oder Unabhängigkeit werden auf beiden Seiten der Grenze seit Jahrzehnten gewaltsam unterdrückt. Auf pakistanischer Seite gelten sie als Versuch einer Spaltung des Landes, auf iranischer Seite kommt erschwerend hinzu, dass die Belutschen eine sunnitische Minderheit in einem ansonsten überwiegend schiitischen Land sind. Entsprechend hart gehen beide Staaten gegen die Volksgruppe vor.
Allein auf pakistanischer Seite sind in den vergangenen Jahrzehnten bis zu 20.000 Belutschen verschwunden - wie etwa Amnesty International berichtet, vermutlich verschleppt, gefoltert oder gar ermordet von pakistanischen Sicherheitskräften, die in der Region sukzessive verstärkt worden sind.
Auf der anderen Seite haben sich auch einige Belutschen immer weiter radikalisiert. Mehrere Gruppen militanter Aufständischer verübten in der Vergangenheit Anschläge beiderseits der Grenzen und nutzen das jeweilige Nachbarland danach als Rückzugsraum. Die rund 900 Kilometer lange Grenze zwischen Iran und Pakistan ist unübersichtlich und kaum zu kontrollieren. Die Separatisten werfen beiden Regierungen systematische Diskriminierung und eine Ausplünderung ihrer Region vor.
Reich an Ressourcen, arme Bevölkerung
Denn Belutschistan ist auch reich an Bodenschätzen: Gold, Diamanten, Silber, Kupfer und andere Metalle sind hier zu finden. Gleichzeitig gehört seine Bevölkerung zu den ärmsten Gruppen in Iran und Pakistan. In den vergangenen Jahrzehnten kam es auf beiden Seiten der Grenze mehrfach zu Aufständen, die sowohl von Islamabad als auch von Teheran blutig niedergeschlagen wurden.
Auf pakistanischer Seite sorgt auch der Wirtschaftskorridor zwischen China und Pakistan (CPEC) für Spannungen. Er führt vom chinesischen Kaschgar quer durch das Land bis zum neu erbauten Tiefseehafen von Gwadar, wodurch die Volksrepublik Zugang zum Indischen Ozean erhält.
Der Korridor ist Teil der chinesischen "Neuen Seidenstraßen"-Initiative. Gwadar liegt in Belutschistan. Von den Handels-, Transport- und Infrastrukturentwicklungen rund um den Korridor profitieren die Belutschen jedoch kaum. Vermehrt kam es in der Vergangenheit deshalb auch zu Anschlägen auf chinesische Konvois oder Arbeitertrupps, auch das chinesische Konsulat in der Hafenstadt Karatschi war bereits Ziel einer Terrorattacke.
Afghans in Pakistan facing deportation and uncertainty
Droht die weitere Eskalation?
Teheran und Islamabad werfen sich seit längerem gegenseitig vor, nicht strikt genug gegen die separatistischen Belutschen im eigenen Land vorzugehen. Der iranische Angriff dürfte vor allem eine Vergeltungsmaßnahme für einen schweren Bombenanschlag am 3. Januar gewesen sein, bei dem in der südiranischen Stadt Kerman mehr als 80 Menschen getötet wurden. Zusätzlich dürfte es dem Regime in Teheran auch um ein Signal der Stärke und Abschreckung gegenüber Israel und den USA gegangen sein. Auch in Syrien und dem Nordirak hatte Teheran zuvor Ziele mit Raketen beschießen lassen.
Islamabad wiederum konnte einen iranischen Angriff nicht unbeantwortet lassen, dennoch fiel der pakistanische Gegenangriff verhältnismäßig verhalten aus. Bei den pakistanischen Luftschlägen auf iranischem Boden wurden keine iranischen Einrichtungen oder Sicherheitskräfte beschossen, sondern pakistanische Staatsbürger.
Die pakistanische Armee behauptet, es habe sich um Terroristen gehandelt, unter den Toten sollen aber auch Zivilisten gewesen sein.
Das Verhältnis zwischen Islamabad und Teheran gilt als angespannt. Doch der Iran ist bereits in den Nahostkonflikt involviert, unterstützt die israelfeindlichen Terrormilizen Hamas und Hisbollah im Libanon sowie die Huthi-Rebellen im Jemen.
In Pakistan wiederum wird in drei Wochen gewählt, die derzeitige Regierung ist nur interimsweise an der Macht. Außenpolitisch liegt das Land vor allem mit dem ewigen Erzrivalen Indien über Kreuz. Aber auch zu Afghanistan sind die Beziehungen angespannt, seit die Regierung vor einigen Wochen hunderttausende afghanische Flüchtlinge abgeschoben hat. Ein dauerhafter zusätzlicher Konflikt dürfte deshalb weder im iranischen noch im pakistanischen Interesse liegen.
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